© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

Berichterstattung zu Türkei-Putsch
Aufs Ohr gelegt
Hans-Hermann Gockel

Wenn einem Mitarbeiter bescheinigt wird, er habe sich stets bemüht, dann heißt das im Klartext: Der Mann ist eine Pfeife. Stets bemüht waren auch die öffentlich-rechtlichen Sender in der Putsch-Nacht von Istanbul und Ankara. Aber es war zuwenig. Oder ist es zu anmaßend, zu oberlehrerhaft, wenn man als TV-Konsument erwartet, daß ARD, ZDF und Phoenix alles „freiräumen“, was sie an Sendefläche zur Verfügung haben. Ein Militärputsch in einem Nato-Land von immenser geopolitischer Bedeutung ist keine kleine Nummer. Doch die ARD zeigte erst noch einen „Tatort“ – als Wiederholung. Und das ZDF die „Nacht der Klassik“. Erst danach kam man langsam auf Touren. Da hatten sich die Kollegen von Phoenix schon wieder aufs Ohr gelegt. 

Phoenix ist der öffentlich-rechtliche Sender, der sich selbst als „Ereigniskanal“ bezeichnet. Die Redaktion schrieb auf Twitter: „Wir berichten morgen früh um 9 Uhr wieder zum Militärputsch in der Türkei.“ Das war – man mag es kaum glauben – um 23.44 Uhr, als die Lage in der Türkei immer dramatischer wurde. 8,3 Milliarden Euro Zwangsgebühren kassiert der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Für Arbeitsverweigerung nach dem Muster von Phoenix verdammt viel Geld. 






Hans-Hermann Gockel ist freier Journalist und war Nachrichtenmoderator bei Sat.1 und N24.