© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

Terror mit Messer und Axt
Attentat in Würzburg: Der Islamist kam als Asylbewerber und war IS-Anhänger
Ronald Berthold / Henning Hoffgaard

Dem Würzburger Polizeipräsidenten Gerhard Kallert sind die vergangenen Stunden anzusehen. Was er sagt, ist kaum zu begreifen: Mit den Worten „Ich mach dich fertig, du Schlampe“ greift sich ein afghanischer Asylbewerber am vergangenen Montag in der Stadt eine Frau und hackt ihr mit einer Axt ins Gesicht. Das Opfer wird schwer verletzt. Zuvor hatte der 17 Jahre alte Islamist in einem Regionalzug ein Blutbad angerichtet. Eine vierköpfige chinesische Familie ist das erste Ziel. Gegen die Wucht des zusätzlich mit einem Messer bewaffneten Afghanen haben sie kaum Chancen. Nach einer Notbremsung flieht er aus dem Zug. Nur dem Zufall ist es zu verdanken, daß es nicht mehr Opfer gibt. In der Nähe des ersten Tatortes ist eine Spezialeinheit der Polizei. Sie verfolgt den Attentäter und erschießt ihn. Eine der vier Kugeln durchschlägt seine Stirn.

Was ist bekannt über den Mann, der am vergangenen Montag in Würzburg im Namen des Islams Amok läuft? Im vergangenen Juni kommt der Afghane als Flüchtling nach Deutschland. Sein Asylantrag wird im Dezember von den Behörden registriert. Während des Attentates ruft er mehrfach „Allahu akbar“ (Gott ist groß) und trägt ein Hemd mit Symbolik der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS). In der Unterkunft des Afghanen wird eine IS-Fahne gefinden. Kurz vor der Pressekonferenz veröffentlicht die Terrorgruppe ein Video, das den Attentäter mit einer Drohnachricht zeigen soll.  „Ich bin ein Soldat des Kalifats. Ich werde eine Märtyrer-Attacke in Deutschland ausführen. Die Zeit ist gekommen“, sagt die Person in dem Film und schwenkt dabei ein Klappmesser. „Und die Soldaten des Kalifats kommen zu euch. Sie werden euch in euren Heimatländern abschlachten. Sie werden in euren Häusern sein, in euren Ländern.“ Und weiter: „Ich werde euch bekämpfen, so lange ich lebe. Und ich werde euch mit diesem Messer schlachten. Und eure Hälse mit Äxten durchtrennen.“ Derzeit wird geprüft, ob es sich bei dem Mann um den Terroristen handelt. Eine Sympathie zum IS ist allerdings nicht zu bestreiten. Hinzu kommt ein in paschtunischer Sprache  geschriebener Abschiedsbrief. Aus dem Text soll  hervorgehen, daß Muslime sich zur Wehr setzen müßten. 

Das wirft die Frage auf, ob er gezielt nach Deutschland geschleust wurde oder sich hier radikalisierte. Laut den Behörden habe der Angreifer eine Woche vor der Tat erfahren, daß ein Freund von ihm in seinem Heimatland getötet worden sei. Wenig später dann der Anschlag, um sich an den „Ungläubigen“ zu rächen.  Bis Redaktionsschluß war noch nicht klar, ob alle Opfer die Tat überleben und ob das Bekennervideo echt ist. Eines allerdings steht fest: Der Afghane ist tot. 

Künast-Äußerung  sorgt für Empörung

Doch das paßt nicht allen. Grünen-Politikerin Renate Künast, klagte bei Twitter, warum die Polizei den Täter erschossen habe und ob es nicht andere Möglichkeiten gegeben hätte, den Terroristen zu stoppen. Folge des Künast-Tweets: Nutzer des Kurznachrichtendienstes äußerten die Überzeugung, Politiker sorgten sich mehr um die Gesundheit selbst brutaler Flüchtlinge als um das Wohlergehen von deren Opfern. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, fand gegenüber der JUNGEN FREIHEIT deutliche Worte: „Zur Demokratie gehört wohl auch, daß sich Politiker mit kindlichen Fragen zu Wort melden. In einer Gesellschaft muß man solche politische Schlaumeierei als Ausdruck freier Meinungsäußerung wohl ertragen. Dieses Gerede nervt zwar, ist aber eigentlich irrelevant. Frau Künast hat schlicht keine Ahnung von Polizeiarbeit, aber da ist sie ja nicht alleine.“

Der Anschlag rührt an ein von Regierungs- und Oppositionspolitikern verhängtes Tabu. Flüchtlingspolitik dürfe unter keinen Umständen mit Terroranschlägen und Verbrechen in Verbindung gebracht werden. Unisono wurde davor gewarnt, als bei verheerenden Anschlägen im vergangenen November in Paris 130 Menschen ums Leben kamen und 352 verletzt wurden. Auch Journalisten im öffentlichen-rechtlichen Rundfunk und in vielen großen Zeitungen machten sich die Auffassung zu eigen und geißelten jene, die ein Risiko durch die unkontrollierte Einwanderung andeuteten. Selbst als sich später herausstellte, daß diverse Paris-Attentäter und später auch Massenmörder von Brüssel über die Flüchtlingsroute nach Frankreich gelangt waren, blieb das Aussprechen dieser Tatsache eine unerhörte Provokation.

Nur drei Tage vor dem fünffachen Mordversuch in Würzburg erneuerte Grünen-Politiker Daniel Cohn-Bendit diese Mahnung und forderte ein striktes Diskussionsverbot: Terrorismus und Einwanderung seien Dinge, „die man nicht in Verbindung bringen darf“. Er bezog sich dabei auf den Anschlag von Nizza mit 84 Toten. Auch hier war der Täter ein  zugewanderter Moslem.

Die politisch Verantwortlichen in Berlin müssen sich nun unangenehmen Fragen stellen: Wie konnte bisher ausgeschlossen werden, daß sich keine Terroristen unter den Eingewanderten befinden, wo doch nach offiziellen Angaben rund 80 Prozent ohne Pässe kamen? Wie schützt die Regierung Einheimische vor radikalen oder sich hier radikalisierenden Flüchtlingen? Cohn-Bendit schloß eine Gefahr durch „Schutzsuchende“ aus: 99 Prozent der Zuwanderer seien „offensichtlich“ keine Terroristen. Selbst wenn der Politiker recht hätte: Was ist mit dem einen Prozent? Das wären allein im vergangenen Jahr 12.000 bis 15.000 Menschen.

 Kommentar Seite 2

Foto: Blutbad im Zug und Ausschnitt aus mutmaßlichem Bekennervideo (kleines Foto): „Allahu Akbar“ gerufen