© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/16 / 22. Juli 2016

Umwelt
Greenpeace im Visier
Tobias Albert

Über 100 Nobelpreisträger haben in einem offenen Brief den Widerstand von Greenpeace gegen „grüne“ Gentechnik (GMO) verurteilt. Bis 2050 müsse sich die Nahrungsproduktion verdoppeln, um die wachsende Weltbevölkerung zu versorgen. Ohne den GMO-Einsatz sei das utopisch. Kern des Streits ist der „Goldene Reis“. Mit seinem künstlich erhöhten Anteil an Provitamin A könne er 250 Millionen Menschen helfen, die an einem Vitamin-A-Defizit leiden. Besonders Kinder seien betroffen, jährlich würden Hunderttausende an den Folgen dieses Vitaminmangels sterben. Die Forscher beschuldigen die Umweltschützer daher, ein „Verbrechen gegen die Menschheit“ zu begehen. Während Greenpeace beim Klimaschutz gerne die Forschung zitiere, beruhe dieser Widerstand „nur auf Emotionen und Dogmen“ und richte sich gegen die wissenschaftliche Vernunft.

Ist Widerstand gegen die „grüne“ Gentechnik ein Verbrechen gegen die Menschheit?

Das Echo auf diesen Vorwurf folgte schnell. Greenpeace verwies auf eine Veröffentlichung im Fachjournal Agriculture and Human Values. Dort erklären die Anthropologen Glenn Stone und Dominic Glover, daß Goldener Reis noch weit davon entfernt sei, die notwendigen Teststudien zu bestehen, um auf dem Markt zugelassen zu werden. Stattdessen will Greenpeace darauf hinarbeiten, jedem Menschen den Zugang zu einer ausgewogenen Ernährung zu ermöglichen. Zwar betonen beide Kontrahenten, die Mangelernährung in der Dritten Welt bekämpfen zu wollen. Daß aber die Bevölkerungsexplosion daran maßgeblich schuld ist, verkommt in der Debatte zur Randnotiz. Während das Wettrüsten zwischen Agrartechnik und Bevölkerungswachstum in die nächste Runde geht, hat die Familienpolitik Chinas bewiesen, daß es eine nachhaltigere Lösung für dieses Problem gibt.

„Laureates Letter Supporting Precision Agriculture (GMOs):  supportprecisionagriculture.org