© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/16 / 29. Juli / 05. August 2016

Amoklauf von München
Zeit für die richtigen Fragen
Birgit Kelle

Die Hilflosigkeit angesichts von Amokläufen wie in München wird nun erwartungsgemäß mit politischem Aktionismus bekämpft statt mit echter Ursachenforschung. Ali David Sonboly hat „Ballerspiele“ am Computer gespielt? – Dann laßt sie uns verbieten! Ali David hatte eine Waffe? – Her mit den verschärften Waffengesetzen! Gerne wird beiseite geschoben, daß Millionen Jugendliche diese Spiele spielen, ohne anschließend Menschen zu ermorden. Daß er seine Waffe illegal kaufte, irgendwelche strengeren Gesetze zum legalen Waffenerwerb hier also rein gar nichts verhindert hätten. Auch Zensur im Internet nicht, wenn jemand im sogenannten Darknet surft. 

Bevor also wieder Millionen Menschen wegen München mit neuen Gesetzen gegängelt werden, gäbe es erst mal ganz andere Fragen, die es sich zu stellen lohnt. Denn ein Jahr lang plante Ali David an dieser Tat. Wir wissen, daß er seine Freizeit online verbracht hat, daß er Mitschülern mit dem Tod gedroht hat, daß in seinem Zimmer Literatur zu Amokläufen lag. Und das hat niemanden gestört oder beunruhigt? 

Eltern, Mitschüler, Lehrer, sein Therapeut, niemand von ihnen hat offenbar genau hingesehen oder hinsehen wollen. Es ist an der Zeit, die richtigen Fragen zu stellen, denn Ali David ist nicht überraschend und über Nacht zum Amokläufer geworden.