© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

„Es geht jetzt um Leben und Tod“
Ukip: Nigel Farage hinterläßt eine Partei in Schockstarre / Schwierige Suche nach einem Nachfolger
Josef Hämmerling

Die Ukip (United Kingdom Independence Party) war der Gewinner des Brexits. Keine andere Partei hatte so entschlossen für den Austritt Großbritanniens aus der EU gekämpft wie diese. Nur wenige Wochen später steht sie vor einem großen Scherbenhaufen. Auslöser hierfür war der Rücktritt des langjährigen Parteivorsitzenden Nigel Farage, der nur kurz nach der Wahl erklärte, er habe alles erreicht, wofür er gekämpft habe, jetzt wolle er sein Leben zurück. Das traf die Ukip wie ein Schock. 

Schnell enbrannte ein heftiger Streit um die Nachfolge. Größter Favorit war der Ukip-Europaabgeordnete und Farage-Vertraute Steven Woolfe, der vom obersten Parteigremium jedoch zu Fall gebracht wurde. Grund: Er habe seine Online-Bewerbungsunterlagen angeblich 17 Minuten zu spät eingereicht.

 Nicht nur Farage schäumte deswegen vor Wut und bezeichnete die Mitglieder des zwölfköpfigen „National Executive Comittee“ (NEC) als „totale Amateure, die einmal pro Woche mit einem Sandwich im Rucksack nach London“ kämen. 

Woolfe selber distanzierte sich ebenfalls vom NEC und warf diesem auf seiner Facebook-Seite vor, E-Mails von ihm veröffentlicht und ihm damit absichtlich geschadet zu haben. Auch habe er seine Unterlagen pünktlich zugeschickt und könne nichts dafür, wenn diese aufgrund technischer Probleme zu spät in der Zentrale angekommen seien.

Für den Fall eines Rückzugs Farages galt Parteisprecherin Suzanne Evans als potentielle Nachfolgerin. Sie war für das Parteiprogramm verantwortlich und hatte als Dauergast in Fernsehtalkshows eine beachtliche Popularität in der Bevölkerung erreicht. Allerdings war sie im März vom NEC wegen „Illoyalität“ suspendiert worden – mit Zustimmung Farages. Er hatte ihr verübelt, daß sie sich mit dem dritten charismatischen Spitzenpolitiker Douglas Carswell verbündet hatte. 

Zur Wahl stehen eher unbekannte Kandidaten

Carswell kann aber auf dem Parteitag am 16./17. September nicht den Vorsitz der Partei übernehmen, da der Vorsitzende mindestens fünf Jahre in der Partei Mitglied sein muß, Carswell aber erst 2014 von den Konservativen übertrat. Auch haben in einer Petition mittlerweile mehr als 2.000 Ukip-Mitglieder und -Wähler Carswell zum Austritt aus der Partei aufgefordert, da er nach der Devise „Teile und herrsche“ handele und die Partei damit in die Krise getrieben habe, so der Vorwurf. 

Tatsächlich wollen neuesten Umfragen zufolge derzeit nur noch 12 Prozent der Briten die Ukip wählen. Dies sind zwar in etwa genauso viele wie bei den Unterhauswahlen 2015, seitdem hatten Umfragen die Ukip aber deutlich höher gesehen. Auf der Kandidatenliste stehen nunmehr die drei Europaparlaments-Abgeordneten Bill Etheridge, Diane James und Jonathan Arnott sowie Elizabeth Jones, Lisa Duffy und Phillip Broughton. Allesamt Politiker, die in Großbritannien nicht zu den politischen Schwergewichten in der Ukip gezählt werden. Selbst Carswell mußte zugestehen: „Es geht jetzt um Leben und Tod.“