© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

Debatte: Massenzuwanderung und Liberalismus
Keine Freiheit ohne Grenze
Ronald Gläser

Natürlich ist die Freizügigkeit innerhalb der EU das große Plus der Staatengemeinschaft. Es gibt keinen größeren Vorteil, den uns die EU bringt. Wir können reisen, arbeiten und Geschäfte machen, wo wir wollen. Niemand wird das bestreiten. 

Dieser Vorteil verblaßt im Zeitalter der Masseneinwanderung. Armutszuwanderer, die die Freizügigkeit im Schengenraum für sich monatelang nutzen konnten, haben das System auf den Kopf gestellt. Längst ist der Nutzen zur Last geworden. Da es eine unheilige Allianz der Gutmenschen mit der Sozialindustrie und Wirtschaftslobbyisten gibt, die sich gute Geschäfte und Lohndrückerei erhoffen, wird die Politik der Masseneinwanderung von linken und rechten Kritikern als Ausdruck „neoliberaler Politik“ identifiziert. Wer für freie Märkte eintritt, wünscht sich bestimmt auch offene Grenzen für jedermann, lautet der Vorwurf. Die Massenzuwanderuntg ist nach dieser Lesart Ausdruck von „zu viel Markt“ und „zu wenig Regulierung“.

Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Mit Liberalismus hat die Politik der Grenzöffnung nichts zu tun. In einem wirklich freiheitlichen System gäbe es keinen ausufernden Sozialstaat, in den es sich lohnte einzuwandern. Die jetzige Welle gibt es doch nur, weil der Staat mit zwangsweise einkassierten Steuergeldern Sozialgeschenke ausschüttet.

Zweitens: Liberalismus heißt Eigentum. Eigentum heißt Abgrenzung (vom Eigentum anderer). Und damit zwangsläufig auch Abgrenzung eines Landes vom Elend der Welt. Wenn es eine marktwirtschaftliche Variante der Einwanderung gäbe, dann würde die so aussehen: Deutschland läßt nur jene Personen in sein Staatsgebiet einwandern, die ihm den optimalen Vorteil verschaffen. Genau das Gegenteil ist aber der Fall. Also sind auch hier die Mechanismen des Marktes außer Kraft gesetzt – und nicht umgekehrt.

Um es mit Milton Friedman zu sagen: Ein Land kann offene Grenzen haben. Oder es kann einen Sozialstaat haben. Aber nicht beides.