© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/16 / 12. August 2016

Knapp daneben
Alkohol fördert das Lebensglück
Karl Heinzen

Gäbe es nicht die Sexualität, wüßten Männer und Frauen kaum etwas miteinander anzufangen. So schweißt sie der Trieb wenigstens für eine Weile zusammen, in der sie sich einbilden dürfen, füreinander bestimmt zu sein. Irgendwann ist jedoch der Sättigungspunkt überschritten, und die Paarbeziehung unterliegt einem natürlichen Erosionsprozeß. Je größer die Anziehung einst war, desto stärker kommen nun die Abstoßungskräfte zum Tragen, da man plötzlich die Objektivität aufbringt, die Defizite des anderen als solche zu empfinden und zu hassen.

Die Empirie zeigt jedoch auch, daß die Natur nicht freies Spiel hat. Es muß Faktoren geben, die ihr in den Arm fallen und die Haltbarkeit von Zweierbeziehungen künstlich verlängern. Immer noch ist die Zahl der Paare, die tatsächlich erst der Tod scheidet, erstaunlich hoch. An Erklärungen für dieses Phänomen mangelt es nicht. Naive Idealisten unterstellen, daß es neben dem sexuellen Motiv noch andere Formen der Zuneigung geben soll.

Es besteht kein Zweifel, daß Alkohol der zuverlässigere Erfolgsgarant für eine harmonische Ehe ist.

Ökonomen interpretieren die Zweierbeziehung als eine Art Firma, in der die Arbeitsteilung den Wohlstand beider Partner fördert und sie dadurch in eine Abhängigkeit voneinander bringt. Herrschaftssoziologen lenken den Blick auf eine (in der Regel den Mann begünstigende) Asymmetrie der Machtbeziehungen: Es sei diktatorischer Zwang, der Ehen eine Scheinstabilität verleiht.

Diesen Theoriewirrwarr beenden Forscher der University of Michigan, die 2.700 Paare zehn Jahre lang begleiteten. Ihre Studie arbeitet heraus, daß es gleiche Trinkgewohnheiten der Ehepartner sind, die das Beziehungsglück fördern. Um nicht bei Gesundheitsaposteln anzuecken, führen sie zwar an, daß dieser Effekt auch bei gemeinsamer Abstinenz auftreten könnte. Es besteht jedoch kein Zweifel, daß Alkohol der zuverlässigere Erfolgsgarant für eine harmonische Ehe ist. Sich regelmäßig zu zweit zu betrinken stärkt den Zusammenhalt und das Wohlbefinden. Dies gilt nicht nur für den Mikrokosmos der Zweierbeziehung. Ohne Alkohol ist eine glückliche Gesellschaft, in der die Menschen die Zumutungen des Alltags gelassen ertragen, nicht vorstellbar.