© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/16 / 19. August 2016

Nichts Außerordentliches
AfD-Beschluß: Der Konvent hat sich deutlich gegen einen Sonderparteitag mit Vorstandsneuwahl ausgesprochen / Vor den Landtagswahlen herrscht Burgfrieden
Christian Vollradt

Ruhe ist die erste Vorstandspflicht. Ruhe nach innen. Für den Wahlkampf da draußen. Vielleicht läßt sich so am kürzesten der Auftrag des Parteikonvents der AfD an die zerstrittene Führungsspitze zusammenfassen. Wichtigstes Ergebnis der nichtöffentlichen Gremiensitzung am vergangenen Sonntag in Kassel: Es soll keinen außerordentlichen Parteitag mit Vorstandsneuwahlen geben. 

Nur elf Teilnehmer stimmten für, 37 gegen die Einberufung eines Sonderparteitags. Der hätte sich wohl auch angesichts komfortabler Umfrageergebnisse vor den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin als reichlich kontraproduktiv herausgestellt. Stattdessen: Burgfrieden. 

Selbstkritisch und konstruktiv habe man die Probleme und Zerwürfnisse im Vorstand angesprochen und Besserung gelobt, war aus Teilnehmerkreisen zu vernehmen. „Es freut mich, daß der Konvent mit dem Willen der Basis im Einklang entschieden hat“, zeigte sich der bayerische Landesvorsitzende Petr Bystron gegenüber der JUNGEN FREIHEIT zufrieden. Das Ergebnis habe ihn nicht überrascht: „Ich schätze, siebzig Prozent unserer Mitglieder wollen keinen außerordentlichen Parteitag.“ 

Dabei sei die Stimmung auf dem Höhepunkt des Machtkampfs zwischen den beiden Bundesvorsitzenden Frauke Petry und Jörg Meuthen durchaus anders gewesen. Das Blatt habe sich gewendet, nachdem die Streitereien an der Parteispitze aufgehört hätten, so Bystron.

„Ich war schon vor dem Konvent immer der Meinung, daß sich unsere Partei noch in den Geburtswehen befindet“, sagte Niedersachsens AfD-Chef Armin-Paul Hampel der jungen freiheit. Das sei für eine junge Partei auch normal. Manches müsse man eben noch lernen, und „man lernt nur durch Erfahrung“. Der entscheidende Eckpfeiler für den Erfolg sei die Fähigkeit zum Kompromiß, meinte Hampel. In dem Sinne könne man das Ergebnis des Konvents als Erfolg bezeichnen. 

Doch mancher, der in Kassel war, gibt sich zugeknöpft und schweigt lieber. Und so bleibt manche Frage offen. Zum Beispiel die, warum sich der sächsische Landesvorstand mehrheitlich für einen Sonderparteitag ausgesprochen, unmittelbar vor dem Konvent jedoch Frauke Petry geäußert hatte, „kein vernünftiger Politiker sehnt sich jetzt einen unnötigen Parteitag herbei“? Wenn aber auch Petry gegen einen solchen außerordentlichen Parteitag war, warum stellte ihr sächsischer Generalsekretär Uwe Wurlitzer dann den Antrag noch? 

Manche Beobachter sehen in diesem Umsteuern in letzter Minute eine Niederlage Petrys. Sie habe die Stimmung an der Basis falsch eingeschätzt. Zuvor war gemutmaßt worden, die Konventsdelegierten aus Sachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Bayern sowie Hessen und ein Teil der Baden-Württemberger würden für einen Sonderparteitag stimmen, um Meuthen abzuwählen und Petry zu stärken. Gerade deswegen hatte Petrys Widersacher, Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, im Vorfeld des Konvents so massiv (und letztlich erfolgreich) gegen einen außerordentlichen Parteitag getrommelt. 

Falsch, behaupten Stimmen aus dem Petry-Lager. Das Thema Konvent beziehungsweise Sonderparteitag sei nur die notwendige Drohkulisse gewesen, die man aufbauen mußte, um den inzwischen mehrheitlich petrykritischen Bundesvorstand zum Einlenken zu bewegen. Nicht zuletzt Meuthens versöhnliche Worte im Vorfeld des Treffens sowie der Plan, mittels „Mediation“ die in zwei Fraktionen gespaltene AfD in Baden-Württemberg wieder zu einen, seien der Beweis, daß diese „Show of Force“ erfolgreich war. Ein Parteitag sei daher gar nicht mehr nötig. ?

Alexander Gauland, Landes- sowie Fraktionschef in Brandenburg und nicht gerade als Petry-Freund bekannt, scheint sich jedenfalls im Vorfeld sehr sicher gewesen zu sein, daß es kommen würde, wie es kam. Der Liebhaber britischen Lebensstils weilte zum Zeitpunkt des Kasseler Konvents im Urlaub in einem nordirischen Landhaus. Ganz in Ruhe ...