© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/16 / 19. August 2016

„Agitation unter dem Deckmantel der Wissenschaft“
Thüringen: Die Landesregierung hat eine „Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie“ eingerichtet – ohne öffentliche Ausschreibung
Henning Hoffgaard

Die Amadeu-Antonio-Stiftung kann sich über einen Mangel an „Vita-min B“ nicht beschweren. Neben dem Bundesjustiz- und Familienministerium ist die linkslastige Stiftung von Ex-Stasi-Zuträgerin Anetta Kahane besonders im dunkelrot-rot-grün regierten Thüringen bestens vernetzt. Nicht hinter den Kulissen, sondern ganz offen. So ist etwa der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer im Beirat der mit Steuergeldern reichhaltig geförderten Stiftung. 

Auch die Thüringer Landesregierung macht aus ihrer Bewunderung keinen Hehl. Die Stiftung verfüge über „einmalige Erfahrungen und eine internationale Vernetzung in der Auseinandersetzung mit Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“, lobte das Bildungsministerium – und sagte 207.281 Euro zu. Damit soll die Kahane-Stiftung eine „Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie“ betreiben. Die Themen Islamismus und Linksextremismus spielen kaum eine Rolle. Doch die Umstände der Förderzusage sorgen zunehmend für Kritik. So schrieb die Landesregierung das Projekt nie offiziell aus – wie es in anderen Bundesländern üblich ist. Wurden hier also Hunderttausende Euro aus Steuergeldern über den „kurzen Dienstweg“ einer politisch genehmen Stiftung zugesagt? Und das unter weitgehendem Ausschluß der Öffentlichkeit? 

Die Landesregierung will das nicht so stehenlassen – und bedient sich dabei zweifelhafter Argumente. Im Koalitionsvertrag von Linkspartei, SPD und Grünen heißt es: „Es wird eine Informations- und Dokumentationsstelle für Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie eingerichtet.“ Schwerpunktmäßige Aufgabe sei die „Dokumentation neonazistischer und anderer gegen die Grundsätze der Verfassung gerichteten Aktivitäten in Thüringen“ sowie die „wissenschaftliche Erforschung von Inhalt, Wirkungsweise und Verbreitung neo-nazistischer, rassistischer, antisemitistischer, homophober und antiziganistischer Einstellungen“. Laut der Landesregierung reichte diese parteipolitische Ankündigung aus, Verbände und Vereine zur Bewerbung um die Trägerschaft des Projekts zu animieren. 

Doch tatsächlich flatterte dem Bildungsministerium ausschließlich ein Förderantrag der Amadeu-Antonio-Stiftung ins Haus. Purer Zufall? Nein, meint die Opposition im Landtag. Die Landesregierung habe versucht, andere Bewerber für die Dokumentationsstelle außen vor zu lassen, kritisierte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Tischner, während einer Sondersitzung des Landesparlaments. 

AfD prüft Gang vor das    Landesverfassungsgericht

Daß Tischners Vorwürfe nicht ganz unbegründet sind, zeigt auch die Kritik des Berliner „Zentrums Demokratische Kultur (ZDK)“. Dessen Geschäftsführer Bernd Wagner monierte bereits im Juni, er habe lediglich aus der Presse über die Vergabe der Trägerschaft erfahren. Das Ganze sei „relativ verdeckt angeboten“ worden, monierte Wagner, dessen Zentrum Teil der Kampagne „Mut gegen rechte Gewalt“ ist, die selbst von der Amadeu-Antonio-Stiftung koordiniert wird. Daß dahinter mehr steckt als ein Streit im linken Subventionsempfänger-Milieu zeigen Äußerungen des Präsidenten des Thüringer Landesrechnungshofes, Sebastian Dette. Dieser will das gesamte Vorhaben auf „einer der nächsten Sitzungen nach der Sommerpause“ besprechen.

Doch auch eine Personalie wirft Fragen auf. Leiter des Projekts ist seit dem 1. August der ehemalige Mitarbeiter der Thüringer Linkspartei-Abgeordneten Katharina König, Matthias Quent. König, Tochter des Antifa-Pfarrers Lothar König, verfügt über gute Kontakte in die linksextreme Szene. Und wieder gab es keinen anderen Bewerber auf die Stelle. Auch nur ein Zufall? 

Nein, glaubt der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Stefan Möller. Quent sei von Beginn an Wunschkandidat der Linkspartei gewesen. Dabei betreibe dieser lediglich „linksradikale politische Agitation unter dem Deckmantel der Wissenschaft“, sagte Möller der JUNGEN FREIHEIT. Seine Partei prüfe nun den Gang vor das Landesverfassungsgericht. Denn: Die Thüringer Richtlinie zur „Förderung von Maßnahmen zur Umsetzung des Thüringer Landesprogramms für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit“ sieht als Zuwendungsempfänger ausdrücklich nur „eingetragene Vereine und Verbände“, „staatliche Religionskörperschaften“, „kommunale Gebietskörperschaften“ sowie „gemeinnützige juristische Personen des Privatrechts, an denen der Freistaat Thüringen oder eine kommunale Gebietskörperschaft mit Mehrheit beteiligt ist“. Nichts davon trifft jedoch auf die Amadeu-Antonio-Stiftung zu. Mit Zufall hat das nichts zu tun.

Und Quent? Der gibt die Marschrichtung bereits vor: „Die größere Gefahr im Parteienspektrum ist die Radikalisierung der AfD, die populistisch ist, die rechts ist und die teilweise auch einen völkischen Nationalismus vertritt, zum Beispiel durch Björn Höcke.“ Am Islamismus seien vor allem Querverbindungen zum Rechtsextremismus interessant. Bei der Beobachtung des Linksextremismus brauche es jedoch erst einmal „nachvollziehbare, über einen längeren Zeitraum erhobene Daten“.