© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/16 / 19. August 2016

Knapp daneben
Nutzlos gewordene Alpen
Karl Heinzen

Viele Chinesen können sich heute leisten, wovon ihre Eltern nicht einmal zu träumen wagten. Sie schauen nicht mehr länger zu, wie ihre Produkte den Globus überschwemmen, sondern reisen hinterher und schauen sich die Welt an. Waren es im Jahr 2010 gerade einmal 40 Millionen Chinesen, die ins Ausland strömten, schnellte ihre Zahl schon 2015 auf 120 Millionen hoch. Für 2020 wird eine weitere Steigerung auf 300 Millionen erwartet. Setzt sich dieses Wachstum fort, dürfte China schon um 2035 in der Urlaubszeit menschenleer sein, weil sich alle seine Bürger irgendwo in der Welt herumtreiben, um Sehenswürdigkeiten zu fotografieren.

Die einschlägigen Urlaubsgegenden  sind von dieser Entwicklung überfordert. Sie wissen die zumeist sehr primitiven Bedürfnisse von Europäern und Amerikanern zu befriedigen. Was aber Chinesen von ihrem Urlaub erwarten, ist ihnen unbekannt.

Die Franzosen wissen, daß die Zeit längst über den Wintersport hinweg-gegangen ist.

Zum Schutz ihrer Landsleute nehmen chinesische Investoren die Filetstücke der Touristikbranche daher unter ihre eigenen Fittiche. Der Club Med gehört bereits der Gruppe Gaillon Invest II, und Hainan Airlines ist an den Center Parks beteiligt. Nun greift der Investor Fosun nach der Compagnie des Alpes (CdA), die das Gros der französischen Skigebiete vermarktet.

Gegen diese neue gelbe Gefahr versuchen sich profilierungssüchtige Politiker in Szene zu setzen. Ihre chauvinistische Hetze scheint die Franzosen aber kaum zu beeindrucken. Sie wissen, daß die Zeit längst über den Wintersport hinweggegangen ist. Früher war er ein Statussymbol der arrivierten Mittelschicht. Heute ist diese so ausgedünnt und überaltert, daß immer weniger Menschen dazu bereit sind, viel Geld für das zweifelhafte Vergnügen auszugeben, sich in einer unwirtlichen Landschaft bei Minusgraden zu langweilen und obendrein noch Sportverletzungen zuzuziehen. Was soll man aber mit diesen nutzlosen Alpen machen? Sie lassen sich ja leider nicht einfach wegsprengen, um den Weg nach Italien zu begradigen. Am besten wäre es, sie nicht bloß der Verwertung durch chinesische Investoren zu überlassen, sondern gleich ganz an die Volksrepublik abzutreten.