© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/16 / 26. August 2016

Urteil: Vollverschleierte Schülerin darf ausgeschlossen werden
Gesicht zeigen
Christian Vollradt

Niqab ist nicht! Ein niedersächsisches Abendgymnasium darf eine Schülerin abweisen, die darauf bestand, vollverschleiert zum Unterricht zu erscheinen. Richtig so. Zwar fällten die Verwaltungsrichter zunächst nur ein sogenanntes Versäumnisurteil, doch das Signal stimmt. Daß sich Lehrende und Lernende von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen und „mit offenem Visier“ begegnen, ist mitteleuropäischer Standard. Es gibt Selbstverständlichkeiten, die auch als solche behandelt werden sollten. Allein der vermeintliche Kompromißvorschlag der jungen Frau, sie könne ja zu Beginn des Unterrichts das Gesicht einer weiblichen Mitarbeiterin zur Identifikation zeigen, läßt Zweifel daran aufkommen, ob hier der Weg zur Reifeprüfung erfolgreich beschritten werden mag.

Daraus folgt wiederum noch lange kein Plädoyer für ein grundsätzliches „Burka-Verbot“, so sehr dieser Fall auch diese aktuelle Debatte befeuern mag. Es stimmt, der Streit um ein Stück Stoff ist nur symptomatisch, berührt lediglich die Spitze des Eisbergs. Darunter steckt mehr: Wieviel Toleranz mit muslimischen Eigenheiten verträgt unser Land? Bei der Nichtteilnahme am Schwimmunterricht, an Klassenfahrten; oder bei Zwangsverheiratungen und Kinderehen ... Ein pauschales Verschleierungsverbot würde dagegen wohl eher die solventen Scheichas aus dem Morgenland davon abhalten, deutschen Boutiquen einen wüstenwarmen Geldregen zu spenden. Aber dafür braucht’s kein „Gesicht zeigen“.