© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/16 / 02. September 2016

Grüße aus Madrid
Einfach mal abgeseilt
Michael Ludwig

Madrid – brütende Hitze, leere Straßen, wer es sich leisten kann, flüchtet ans Meer. Da geht es Politikern nicht anders als Otto Normalverbraucher. Dieses Jahr läuft es allerdings aus dem Ruder. Die Parteien versuchen verzweifelt, eine Regierung zustande zu bringen. Eine Konferenz jagt die nächste. In den langen Gängen des Parlaments steckt man die Köpfe zusammen, um zu einer Einigung in den wichtigsten Sachfragen zu kommen. 

Es sind die Stunden der zweiten politischen Garnitur, denn die erste hat sich in den Urlaub abgeseilt: Regierungschef Mariano Rajoy weilt zu Besuch in seiner galicischen Heimat, während sich Sozialistenführer Pedro Sánchez ein besonders exklusives Ziel ausgesucht hat – die Partyinsel Ibiza.

„Jetzt macht er sich also Freunde auf Ibiza – immer schon eine Arbeitergegend.“

Der einen Meter neunzig große Sánchez, der aufgrund seines guten Aussehens von den spanischen Damen „el guapo“ (der Schöne) gerufen wird, ist mit seiner Frau und den beiden Töchtern in der Nähe von San Miguel abgestiegen, im noblen Landhotel Cas Pla, wo die Übernachtung mit 300 Euro berechnet wird. 

Bei 33 Grad im Schatten trieb es Sánchez an den längsten und wohl auch schönsten Strand der Mittelmeerinsel, nach Las Salinas. Paparazzi, die eben noch Jagd auf Promis aus der Filmbranche und der High Society gemacht hatten – vorzugsweise auf Johnny Depp, der wegen einer häßlichen Scheidungsgeschichte derzeit hoch gehandelt wird –, umlagerten „el guapo“ scharenweise.

Natürlich kam auch die Politik nicht zu kurz. Bei einem Ausflug in den Hafen der Inselhauptstadt sprach er in die Mikrofone der Reporter: „Die sozialistische Partei wird sich nicht der Ungleichheit, der Armut und der Arbeitslosigkeit beugen.“ Süffisant wies die konservative Tageszeitung El Mundo auf den Ort hin, wo der Sozialistenchef über die Benachteiligten seines Landes räsonierte: „Er stand direkt neben der Radiant, der Yacht, die dem saudischen Multimillionär Abdulla Al Futtaim gehört.“

Die Wahl des Urlaubortes führte in den sozialen Netzwerken zu einem regelrechten Shitstorm. Voller Ironie schrieb ein enttäuschter Anhänger der Sozialistischen Partei, der sich SantiAZ nennt: „Jetzt macht er sich also Freunde auf Ibiza – immer schon eine Arbeitergegend. Bis Weihnachten, da soll ja wieder gewählt werden, hat er dann noch Zeit, in Marbella, Sotogrande und den anderen sozialistischen Hochburgen vorbeizuschauen.“