Der erste Film des italienischen Regisseurs Mario Bava muß zum Besten gezählt werden, was das Horror- und Fantasy-Genre bis heute hervorgebracht hat: „La Maschera del Demonio“ (1960), der in Deutschland vom Verleih den irreführenden Titel „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ bekam. Sehr frei entstanden nach der Erzählung „Vij“ von Nikolaj Gogol war er ganz auf seine visuelle Wirkung hin inszeniert. Dabei geht es nicht wie in Gogols Geschichte um einen Vater, der seinen Sohn tötet, sondern Bava inszenierte eine gelungene Variation des Doppelgänger-Motivs. Die später zur Ikone des italienischen Horror-Films aufgestiegene britische Schauspielerin Barbara Steele spielt die 1630 zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilte Hexe Asa und gleichzeitig die schöne Fürstentochter Katja, auf deren Blut es die wiederauferstandene Asa abgesehen hat.

Bava setzt in „Die Stunde, wenn Dracula kommt“ mehr auf lyrische und atmosphärische als auf logische oder technische Stimmigkeit. So sind die Kulissen immer als solche erkennbar und Außenaufnahmen sehr selten, dennoch erzeugt der Film eine Beklommenheit, die durch die Ausweglosigkeit der Protagonisten hervorgerufen wird. Damit gehört Bava zu den wenigen originellen Poeten des Genres in der Tradition von Murnau, Dreyer, Leni, Browning und Tourneur, deren barocken Schwarzweiß-Horror er mit Sadismus und Schmerz anreichert.

Die Geschichte beginnt im Jahr 1830. Professor Kruvajan (Andrea Checchi) und sein Assistent Andre Gorobec (John Richardson) wollen in Moskau an einem medizinischen Kongreß teilnehmen. Unterwegs übernachten sie in der Nähe eines alten Schlosses, dessen Krypta die 200 Jahre zuvor gemeinsam mit ihrem Geliebten Javutich (Arturo Dominici) als Hexe hingerichtete Asa entsteigt, die sich nun an den Nachfahren ihrer früheren Richter rächen will und dabei auf den Vampirismus ihres ebenfalls von den Toten auferstandenen Gefährten vertraut …

In England wegen seiner expliziten Gewaltdarstellungen bis 1968 verboten und in anderen Ländern stark gekürzt, ist Bavas Debütfilm ein höchst unterhaltsames Horror-Spektakel, das sich an der Ästhetik des Stummfilms orientiert und von vielen Cineasten heute als Kultfilm des Genres geschätzt wird.

DVD/Blu-ray: Die Stunde, wenn Dracula kommt. Koch Media 2016, Laufzeit etwa 84 Minuten