© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/16 / 02. September 2016

Sowjetische Kriegsverbrechen an deutschen Soldaten
Uneinheitliche Gewaltpraktiken
(ob)

Zeithistorikern wie Joachim Hoffmann, Alfred M. de Zayas und Franz W. Seidler, die Verbrechen der Roten Armee an deutschen Kriegsgefangenen thematisierten, wirft ihr australischer Kollege Mark Edele in seiner Studie über „The Red Army and German POWs (1941–1943)“ (The Journal of Modern History, 2/2016) vor, oftmals unkritisch die Sichtweise des Oberkommandos der Wehrmacht reproduziert zu haben. Seinerseits ist Edele nun bemüht, die bereits sofort nach dem 22. Juni 1941 einsetzenden völkerrechtswidrigen Erschießungen und Mißhandlungen seitens der Roten Armee mit dem Verweis auf die tief verankerte sowjetische „Gewaltkultur“ zu relativieren. Zudem sei die Radikalisierung des Krieges von deutscher Seite ausgegangen, die sie politisch wollte, ideologisch motivierte und offen propagierte. Bei den Sowjets, bei denen eine vergleichbare Stringenz des Gewalteinsatzes ebenso gefehlt habe wie einheitliche Richtlinien für die Gefangenenbehandlung, hätten „kompliziertere“ Verhältnisse vorgelegen. Politoffiziere und Kommandeure der Roten Armee hätten daher in einem „Dschungel“ widersprüchlicher Anordnungen agiert. Entsprechend uneinheitlich seien zunächst ihre Gewaltpraktiken ausgefallen. Erst durch das Vorgehen der Wehrmacht hätten dann im Winter 1941 mehr und mehr Rotarmisten „Grausamkeiten“ verübt. 


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