© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/16 / 09. September 2016

Grüße aus Rom
Nicht auf den Storch warten
Paola Bernardi

Im schönsten Park von Rom, der Villa Borghese, sieht man die Älteren spazierengehen oder lesend auf den Bänken. Liebespaare liegen im Gras und sonnen sich. Doch in dieser Idylle fehlen die Kinder. Verwaist die Spielplätze, vergammelt die Sandkästen und Schaukeln. 

In dieser herrlichen Grünanlage mit Pinien und Statuen sieht man mehr Reiter und Hunde an der Leine als herumtollende Kinder. Rom bildet da keine Ausnahme: Italien ist längst ein Land ohne Bambini. Vorbei die Zeiten, als die junge Sophia Loren in dem Film „Gestern, heute und morgen“ als hochschwangere Adelina  stolz durch die Gefängnistore von Neapel schritt und von ihrer Kinderschar liebevoll erwartet wurde. 

Sie hatte mal wieder die Staatsanwaltschaft auf „typisch weibliche Art“ ausgetrickst, denn als die Carabinieri kamen, um die Zigarettenschmugglerin abzuholen, war sie wieder schwanger. Das Gesetz erlaubte es nun einmal nicht, eine Schwangere in Haft zu nehmen. 

An die ehemals tradi-tionelle Stelle der „mamma“ ist die „donna in carriera“ getreten.

Kein Film hat das Klischee der italienischen „Mamma“ so menschlich geprägt. Doch längst plagt die Italiener ein Alptraum: Wo sind die Bambini? Jede italienische Frau hat im Durchschnitt nur 1,35 Kinder. Dies hat viele Gründe: Fehlende Kinderbetreuung, überteuerte Mieten, prekäre Arbeitsverträge und vor allem der Rollenwechsel: An die Stelle der „mamma“ trat die „donna in carriera“ – attraktiv, selbstbewußt und intelligent. In keinem anderen europäischen Land trifft man so viele Frauen an der Spitze von Topunternehmen. 

Doch Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin, die mit 43 Jahren erstmals Zwillinge bekam, versuchte das Steuer herumzureißen. Mittels Geburtenkampagne und einem Fruchtbarkeitstag (22. September) wollte sie ihren Landsleuten auf die Sprünge helfen. Werbung wurde geschaltet: „Beeile dich, warte nicht auf den Storch“, oder „Schönheit bleibt, Fruchtbarkeit nicht“, hieß es. 

Dies sorgte für Empörung: Die Initiative erinnere an Mussolinis faschistisches Regime. Sie sei zudem ein Affront gegen unfruchtbare Paare und gegen Personen, die sich aus finanziellen Gründen keine Familie leisten könnten. Auch Ministerpräsident Matteo Renzi distanzierte sich, keiner seiner Freunde hätte sich für Kinder entschieden, nachdem sie die Slogans gelesen hätten. Lorenzin ruderte zurück. Die Plakataktion wurde gestoppt, doch der Fruchtbarkeitstag wird stattfinden.