© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/16 / 16. September 2016

„Das grenzt an Böswilligkeit“
Marsch für das Leben: Am Samstag gehen in Berlin wieder Tausende für den Schutz der Ungeborenen auf die Straße / Evangelische Kirche distanziert sich
Martin Voigt

Wenn am 17. September Tausende Menschen auf dem „Marsch für das Leben“ in Berlin gegen die Tötung ungeborener Kinder demonstrieren, reizt das nicht nur Linksextremisten zum Protest, sondern auch die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Aus Sicht der Kirchenleitung habe nicht der Schutz des ungeborenen Lebens oberste Priorität, sondern die ergebnisoffene Schwangerenkonfliktberatung. Bereits 2014 hatte man beschlossen, Gemeinden von einer Beteiligung am Marsch für das Leben abzuraten. Ein Grund dafür sei auch die „aggressive Art und Weise“, mit der der Bundesverband seine Positionen vertrete.

Fassungslos und enttäuscht über die Verlautbarungen der Kirche zeigten sich die Veranstalter und Unterstützerkreise der christlichen Großveranstaltung. Die Kirche liefere nicht „ein biblisches Argument, warum der Marsch für das Leben falsch sein soll“, sagte der Vorsitzende des Treffens Christlicher Lebensrecht-Gruppen, Hartmut Steeb, der Evangelischen Nachrichtenagentur idea. Das menschliche Leben stehe von Anfang an unter dem Schutz Gottes. Eine Kirche, die sich diesem Auftrag verpflichtet sehe, müsse für ein klares Ja zum Kind stehen.

Es grenze schon an Böswilligkeit, wie die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg mit falschen Behauptungen gegen den Lebensschutz vorgehe, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht, Martin Lohmann, der JUNGEN FREIHEIT. „Es bedarf schon einer gewissen mentalen Superakrobatik, jenen, die sich sowohl auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen als auch dem Wort Gottes treu sind, Übles zu unterstellen“. Das wütende Gebrüll und der blanke Haß gingen von den linken bis linksextremen Gegendemonstranten aus und „nicht von den Leuten, die einfach nur ein klares Ja zum Leben fordern“.

Die Geschäftsstelle des „Bundesverbands Lebensrecht“ in Berlin-Mitte ist bereits Ziel eines Farbanschlags geworden, gefolgt von hämischen Kommentaren auf der Facebook-Seite der linken Gegenkundgebung „Marsch für das Leben? What the Fuck“. 

Lautstark demonstrieren will am kommenden Samstag das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“, das im vergangenen Jahr von den Grünen, der Linkspartei, einigen Abgeordnete von SPD und Piraten sowie dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), unterstützt wurde.

„Wer einen friedlichen Schweigemarsch mit Blockaden und Gebrüll ausbremsen will, offenbart, daß die zwingend gute Botschaft etwas Inneres in ihm berührt“, deutet Lohmann die Haßtiraden aus dem linksextremen Spektrum. Zumindest eine Phobie gegenüber Verantwortung, die man jedem zutrauen kann und sollte, werde hier deutlich.

Warum die Kirche diese lebensfeindliche, unbarmherzige und letztlich auch unchristliche Position vertrete sei jedoch ein offenes Rätsel, das Lohmann ergründen will: „Ich lade als jemand, der den Dialog nicht nur theoretisch schätzt, Bischof Dröge, seinen Sprecher als auch den Regierenden Bürgermeister Müller herzlich zum Gespräch ein. Denn ich würde statt Verunglimpfungen gerne Argumente hören. Darauf bin ich ganz neugierig.“

Angesichts von jährlich knapp hunderttausend im Mutterleib getöteten Babys in Deutschland ist es vielen Christen ein selbstverständliches Anliegen, öffentlich Position zu beziehen. Die Veranstalter erwarten einen Teilnehmerrekord. Mit dabei ist wie schon im vergangenen Jahr der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Auch Berlins Erzbischof Heiner Koch hat seine Teilnahme angekündigt.

Auch Papst Franziskus werde Grüße übermitteln, teilte die Erzdiözese Berlin auf ihrer Facebook-Seite mit. Das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ rief indes zu „kreativen Aktionen“ auf.

 www.marsch-fuer-das-leben.de

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