© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/16 / 16. September 2016

Die Trommel schlug zum Streite
Kriegsgräberfürsorge: Der Volksbund will offenbar seinen Vorsitzenden Markus Meckel stürzen
Michael Paulwitz

Ich gehe davon aus, daß ich abgewählt werde“: Markus Meckels Tage als Chef des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge scheinen gezählt. Am 23. September tritt in Göttingen ein außerordentlicher Bundesvertretertag zusammen, um über den Sturz des erst vor drei Jahren zum Präsidenten gewählten Sozialdemokraten zu entscheiden. Offiziell streitet man sich um Finanzen und Führungsqualitäten, tatsächlich geht es um die künftige Ausrichtung des Verbands, den Meckel im Eiltempo zeitgeistkonform zu politisieren versucht hat.

Von 75 Landesvertretern seien wohl mehr als 40 gegen ihn, schimpft Meckel über die „Intrige“. Die sechzehn Landesfürsten stellen sich praktisch geschlossen gegen ihren Präsidenten, selbst der mit ihm befreundete Volksbund-Vorsitzende von Sachsen-Anhalt, Dieter Steinecke, rät ihm öffentlich zum Rücktritt. Den lehnt der friedensbewegte Pfarrer, Mitgründer der Ost-SPD und letzter Außenminister der DDR, indes ab – ohne seine „Reformen“, meint er, habe der Volksbund keine Zukunft.

Seine Gegner halten dagegen Meckel selbst für das Problem. Angeführt wird der Aufstand vom hessischen Landesvorsitzenden Karl Starzacher, einem Parteifreund Meckels, und dem FDP-Mann Johannes Schmalzl, seit 2013 Landeschef des Volksbunds in Baden-Württemberg und bis Mai 2016, als er auf Anordnung von Ministerpräsident Kretschmann einem grünen Karrieristen weichen mußte, Regierungspräsident von Stuttgart.

Ihre Kritik: Meckel gehe „fahrlässig“ mit den Finanzen um, schädige den Volksbund in der Öffentlichkeit, weil er seine „Reformen“ mit Warnungen vor einer möglichen Pleite wegen einer bis 2020 drohenden Finanzlücke von mehr als zwanzig Millionen Euro begründet habe, und er sei nicht teamfähig – letzteres zielt auf das zerrüttete Verhältnis zu Generalsekretärin Daniela Schily, einer Nichte Otto Schilys, die sich Meckels Plänen zur finanziellen und politischen Neuausrichtung des Verbandes widersetzt und dabei das Vertrauen der Landesverbände besitzt.

Eskaliert ist der Streit zuletzt über eine von Meckels „dringend notwendigen Reformen“, mit denen er den Volksbund aus der „Ecke der Ewiggestrigen“ holen will: Für 1,4 Millionen Euro sollten an 60 Kriegsgräberstätten neue Schilder angebracht werden, um angesichts des Aussterbens der „Erlebnisgeneration“ die Gräberfürsorge stärker auf „Informieren und Gedenken“ auszurichten. Die Landesvorsitzenden haben das Projekt per Haushaltssperre gestoppt.

Schon in den Jahren zuvor war immer wieder scharfe Kritik an Meckels Versuchen laut geworden, den Volksbund in eine „Friedensorganisation“ nach Art der „Aktion Sühnezeichen“ umzubauen. Meckels Alleingänge – ein „Leitbild“, das den Zweiten Weltkrieg in linkem Modejargon als „rassistisch motivierten Vernichtungskrieg“ qualifiziert, der Schulterschluß mit linken „Antirassismus“-Organisationen bei der Verurteilung des Hererokriegs in Deutsch-Südwestafrika als „Völkermord“ – drohten nach Ansicht der Kritiker wichtige Spender aus den Reihen der Traditionsverbände zu vergraulen.

Meckel verfolgt dabei die Strategie, durch stromlinienförmige Ausrichtung des Volksbunds im Sinne einer zeitgeistkonformen volkspädagogischen „Gedenkkultur“ die Politik für eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse an den Volksbund zu gewinnen. Generalsekretärin Daniela Schily beharrt dagegen darauf, daß der Verband, der 70 Prozent seines 53-Millionen-Jahresbudgets selbst einnimmt und von Bund und Ländern lediglich 13 Millionen Euro für die hoheitliche Aufgabe der Kriegsgräberpflege im Ausland erhält, „auch künftig unabhängig vom Staat“ bleiben müsse. Obwohl die Zahl der Förderer aus der Kriegs- und Kriegskindergeneration zurückgehe, habe man die Spendeneinnahmen zuletzt sogar steigern können.

Das Kräftemessen mit der machtbewußten Nichte des ehemaligen SPD-Innenministers, die – Satzung hin oder her – auf ihre gewohnheitsmäßigen Mitspracherechte bei wichtigen Entscheidungen nicht verzichten will, hat Meckel vorerst verloren. Seine als sicher geltende Abwahl sieht er als „Richtungsentscheidung“. Der Volksbund wird sich danach auf stärkeren Gegenwind aus der Politik einstellen müssen.