© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/16 / 16. September 2016

Die Gefahren der Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank
Unterkapitalisiert
Thomas Kirchner

In der Theorie ergibt eine Fusion der Deutschen Bank mit der Commerzbank Sinn: niedrige Margen sind ein Motor für Konsolidierung. Normalerweise rettet höheres Volumen den Gewinn. Doch in der Bankenwelt gehen die Probleme so stark an die Substanz, daß die klassische Fusionsrezeptur nicht helfen wird. Überregulierung hat die Kosten ins Unermäßliche steigen lassen, Niedrigzinsen drücken auf die Einnahmen, und der mickrige Gewinn geht durch Strafzahlungen flöten. Sollten Negativzinsen weiter um sich greifen, würde ein höheres Volumen durch Konsolidierung sogar die Verluste parallel zur Bilanzsumme steigern.

Europäische Banken sind dünn kapitalisiert, Eigenkapital muß erwirtschaftet werden, doch Bankengewinne gelten Politikern als Frevel. Eine Fusion zweier unterkapitalisierter Institute erhöht das Eigenkapital nicht. Auch wenn die im Mittelstand starke Commerzbank durchaus komplementär zur im Investmentbanking positionierten Deutschen Bank ist und eine Konsolidierung im Privatkundengeschäft die Renditeschwäche ausgleichen könnte: um eine Kapitalerhöhung wird die Deutsche Bank nicht herumkommen, schon gar nicht nach einer Fusion mit der Commerzbank.

Im Sparkassensektor gab es in Deutschland schon lange erfolgreiche Fusionen, die Kapazität reduzierten. Gleichfalls eliminierten während der Finanzkrise Fusionen von Landesbanken das Angebot dieser ehemals staatlich subventionierten Institute, deren Geschäftsmodell ausgedient hatte und die den privaten Banken das Leben schwermachten. Andere Banken machten mit Fusionen durchweg schlechte Erfahrungen. ABN Amro wurde kurz vor der Krise von der Bank of Scotland (BOS) übernommen, die daraufhin vom britischen Steuerzahler gerettet wurde. Die Bank of America rettete Merrill Lynch und den Hypothekenfinanzierer Countrywide und zahlt noch heute wegen deren Altlasten Strafen und Prozeßkosten in Milliardenhöhe. 

Auch schon vor der Finanzkrise machten deutsche Banken mit Fusionen schlechte Erfahrungen: die Deutsche kaufte Bankers Trust sowie MortgageIT – letzteres brachte ihr später milliardenschwere Strafen in den USA ein. Die Dresdner durfte eine Milliarde bei Wasserstein Perella abschreiben, als Bruce Wasserstein nur zwei Jahre nach der Fusion zu Lazard wechselte und kurzerhand das gesamte Personal mitnahm.

Die Fusion zweier schwacher Institute kann nicht gutgehen. Wer die Bankenbranche in Europa stärken will, sollte Negativzinsen abschaffen, die Überregulierung abbauen und Sparkassen sowie Landesbanken privatisieren. Das wird nicht so bald kommen. Deshalb wäre die Aufspaltung der Deutschen Bank in Investment- und Privatkundenbank die beste Lösung. Die Privatkundenbank könnte dann mit der Commerzbank fusionieren und Überkapazitäten im Filialgeschäft abbauen.