© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 38/16 / 16. September 2016

Verschreckt das Berliner AfD-Programm Wohnungssuchende?
Blaue Wählerbremse
Jörg Fischer

Wenn die AfD in Berlin ihr 15-Prozent-Wahlziel verfehlt, dann könnten unsensible Formulierungen mitschuldig sein. Die Partei lehne „die Mietpreisbremse strikt ab“, heißt es im Wahlprogramm. Das klingt nach kaltem FDP-Sprech und freut EZB-gesponsorte Betongoldanleger, doch in Berlin wohnen nicht nur 37 Prozent wie im Saarland, sondern 84 Prozent der Einwohner zur Miete.

Daß die von Lobbyisten formulierte großkoalitionäre Mietpreisbremse ein „Rohrkrepierer“ (Linken-Kandidat Klaus Lederer) ist und phantasievoll umgangen wird, ist unbestritten. Die Verschleuderung von öffentlichem Wohneigentum wurde von Rot-Rot durchgesetzt. Mittelstandsfamilien können sich kaum noch eine größere Bleibe leisten. Hartz-IV-Bezieher oder Besserverdiener stört das wenig – da zahlt’s das Amt, oder der Arbeitgeber hilft, wenn man nicht ohnehin zu den 16 Prozent mit Wohneigentum zählt.

Mittelfristig hat die AfD praktikable Vorschläge parat: landeseigene Grundstücke via Erbbaurecht bereitstellen, „sowohl für den Mietwohnungsbau als auch für den Wohneigentums- und Eigenheimerwerb“, Grunderwerb- und Grundsteuer senken, Bismarcks Wohnungsbaugenossenschaften fördern. Beim Thema „Überregulierung“ fehlt Klartext: Es geht nicht um gefährlichen Billigbau, sondern um ideologische Kostentreiber. Der Mehrfamilienhausbau hat sich innerhalb von 15 Jahren um 36 Prozent verteuert – die Ausbaukosten legten sogar um 70 Prozent zu.

Dafür ist die rot-grüne Energieeinsparverordnung (EnEV) verantwortlich, die von den Merkel-Kabinetten irrwitzig verschärft wurde. Gleiches gilt für die Strompreise – die AfD will daher das milliardenteure Erneuerbare-Energien-Gesetz und die EnEV ersatzlos streichen, nennt das dummerweise aber nicht Mietpreisbremse. Doch angesichts der Attraktivität Berlins und vor allem der unaufhörlichen Asylzuwanderung werden Wohnungen knapp und daher teuer bleiben. Eine diesbezügliche Mietpreisbremse hat die AfD ebenfalls im Progamm.