© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/16 / 23. September 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Es gibt Gerichtsurteile, die je nach Temperament sprachlos oder wütend machen. So hat das Landgericht Kiel jetzt einen 22jährigen Afghanen, der Ende März in einem Flüchtlingsheim in Boostedt (Schleswig-Holstein) ein vierjähriges Kind sexuell mißbraucht hatte, zu lediglich zwei Jahren und vier Monaten Haftstrafe verurteilt. Ein Skandalurteil, insbesondere wenn man bedenkt, daß der Kinderschänder womöglich nach Verbüßung von zwei Dritteln der Zeit wieder auf freien Fuß kommt. Noch skandalöser aber ist die Erklärung von Gerichtssprecherin Karin Witt gegenüber der Bild-Zeitung zur Höhe der Strafe: „Strafmildernd hat sich die Alkoholisierung und die hohe Haftempfindlichkeit des Täters ausgewirkt: Er ist jung, kann kein Deutsch und wurde in der Untersuchungshaft bereits angegriffen. Das Opfer hat die Tat gut weggesteckt, es sind keine schweren Folgen zu erwarten.“ Ob sie sich bei einem deutschen Täter auch so eingelassen hätte?

Kommen sie heute nicht, kommen sie morgen – vielleicht. Das Ärgerlichste an Handwerkern ist, daß sie so verdammt großzügig mit deiner Zeit umgehen, du aber nahezu machtlos dagegen bist, weil auf sie angewiesen.

Fünfzehn Prozent der Deutschen sind tätowiert. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Yougov sind darunter mehr Frauen (18 Prozent) als Männer (13 Prozent). Unter den 25- bis 34jährigen ist der Anteil der Tätowierten mit 28 Prozent fast doppelt so groß wie in der Gesamtbevölkerung; es ist die am häufigsten tätowierte Altersgruppe. Bei den 35- bis 44jährigen sind es 21 Prozent, bei den 45- bis 54jährigen 20 Prozent. Nach Angaben des Online-Portals Statista haben 37,6 Prozent zwei bis drei Tattoos und 13,3 Prozent vier bis fünf. Solche Zahlen belegen, daß Tätowierungen längst keine Randgruppenerscheinung mehr sind. Befeuert haben diesen seit Jahren anhaltenden Trend wohl auch die zahlreichen Fernsehserien in Spartensendern, zumeist aus den USA, wie „Miami Ink“, „LA Ink“ mit der international bekannten Kate Von D (Katherine Drachenberg), „Bad Ink“ aus Las Vegas oder „Tattoo Nightmares“, nicht zu vergessen die deutsche Produktion „Horror Tattoos“ mit Randy Engelhard. Die Szenegröße ist auch wieder mit von der Partie, wenn am 5. Oktober auf Sixx (20.15 Uhr) die neue Show „Pain & Fame“ startet. Darin suchen die vielfach tätowierte Schauspielerin Sophia Thomalla sowie die Tattoo-Künstler Mario Barth (nicht zu verwechseln mit dem Comedian) und eben der grandiose Engelhard „Deutschlands besten Tätowierer“.