© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/16 / 23. September 2016

Umwelt
Grüne Flutgefahr
Jörg Fischer

Eine „Flut an Elektroauto-Batterien“ werde bald bereitstehen, jubelte kürzlich die Technology Review. Die Gigafactory des – notorisch defizitären – US-Börsenlieblings Tesla werde ab 2020 jährlich Zellen mit einer Kapazität von 35 Gigawattstunden (GWh) produzieren, die chinesischen Konkurrenten BYD und CATL 34 bzw. 26 GWh. Cambridge-Doktorandin Julia Attwood schwärmt als Bloomberg-New-Energy-Finance-Analystin, der Preis einer Kilowattstunde werde von derzeit 384 auf 182 Dollar im Jahr 2025 sinken. Die reinen Akkukosten eines Tesla S 90D würden damit von 34.560 auf 16.380 Dollar mehr als halbiert. Im selben Jahr will auch der Dieselgate-geplagte VW-Konzern Abbitte leisten und jährlich eine Million Elektroautos verkaufen – nach dem Motto: Wir schaffen das! Daß aber ohne brutalen staatlichen Zwang die Kunden begeistert zwei Tonnen schwere Kurzstreckenautos kaufen, ist längst nicht ausgemacht.

Wie beim Biogas- und Windrad-Streit ist die E-Autorechnung ohne Umweltbilanz erstellt.

Das liegt nicht nur an der Brandgefahr, wie Samsung mit seinem milliardenteuren Note-7-Rückruf erfahren mußte (JF 37/16). Wie beim Biogas- und Windrad-Streit zwischen Klima- und Naturschützern ist die E-Autorechnung ohne Umweltbilanz erstellt. Lithium, das namensgebende Element der Akkutechnologie, ist ungiftig und billig – wenn man beim Rohstoffabbau und der Verarbeitung nicht so genau hinsieht. Doch ohne massig Aluminium, Eisen, Kupfer, Kobalt, Mangan oder Nickel ist ein Akku nicht machbar, der Elektrolyt ist hochgiftig. Die Akkuhersteller geben derzeit bis zu acht Jahre Garantie auf ihre Stromspeicher, Optimisten gehen von künftig 20 Jahren Haltbarkeit aus. Aber irgendwann ist Schluß – und dann? Sollte sich das E-Auto wie erhofft durchsetzen, wären künftig Hunderttausende Tonnen Akkuschrott akribisch aufzubereiten. Das E-Auto wie einen Benziner einfach in die Schrottpresse stecken geht jedenfalls nicht mehr.