© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/16 / 23. September 2016

Knapp daneben
Kinder müssen auf ihre Rechte pochen
Karl Heinzen

Im November beginnt in Kärnten ein Prozeß, der weitreichende Auswirkungen auf soziale Netzwerke haben könnte. Eine 18jährige Schülerin geht gerichtlich gegen ihre Eltern vor, weil diese ohne ihre Zustimmung mehr als 500 Kinderfotos von ihr auf Facebook hochgeladen haben. 700 sogenannte „Freunde“ durften sich über die intimen Einblicke in ihr Privatleben amüsieren. Da kein einzelner in seinem Leben zu einer derart großen Zahl von Mitmenschen engere Bande knüpfen kann, dürfte es sich größtenteils, wenn überhaupt, um Zufallsbekanntschaften handeln. Man kann daher mit Fug und Recht von einer breiteren Öffentlichkeit sprechen. Die Aufnahmen zeigen die junge Frau zu einem nicht unerheblichen Teil in peinlichen Situationen. So sieht man sie auf dem Töpfchen oder nackt im Bett. Da das Internet ein „langes Gedächtnis“ hat, muß die Schülerin damit rechnen, ihr ganzes Leben lang mit den Schnappschüssen konfrontiert zu werden.

Nur zu oft neigen Eltern dazu, Unmut über ihre Kinder gegenüber Dritten zum Ausdruck zu bringen.

Darunter dürfte nicht allein ihr Ruf leiden. Auch Konsequenzen für ihre berufliche Karriere und damit ihre Einkommensperspektive sind zu befürchten. Es ist daher nachvollziehbar, daß sie von ihren Eltern nicht nur Unterlassung, sondern auch Schadensersatz verlangt.

Diese zeigen sich jedoch uneinsichtig. Da es sich um ihr eigenes Kind handele, stehe ihnen auch das Recht zu, ein derartiges „Familienalbum“ auf Facebook anzulegen. Juristen kommen hier zu einer anderen Beurteilung. Eltern haben die Persönlichkeitsrechte ihrer Kinder zu achten. Dazu zählt auch das Recht am eigenen Bild.

Diesen Rahmen haben sie im übrigen nicht nur zu beachten, wenn sie Privates in sozialen Netzwerken kundtun wollen. Nur zu oft neigen Eltern dazu, Unmut über ihre Kinder gegenüber Dritten zum Ausdruck zu bringen. Mitunter überschreiten sie dabei die Grenze zu übler Nachrede und Beleidigung. Solche Entgleisungen müssen und dürfen Kinder sich nicht gefallen lassen. Es war die freie Entscheidung ihrer Eltern, sie in die Welt zu setzen. Daher sollen sie die Schuld gefälligst auch bei sich selbst suchen, wenn sie am Ergebnis etwas auszusetzen haben.