© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/16 / 14. Oktober 2016

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Start in die Politik
Christian Vollradt

Bis auf den letzten Platz gefüllt ist der Raum in der Bundespressekonferenz, den die Berliner AfD am Donnerstag vergangener Woche gemietet hatte, um ihren prominenten Neuzugang vorzustellen. Ganz offensichtlich tat dem Medieninteresse auch der Umstand keinen Abbruch, daß bereits einen Tag zuvor der Name des Partei-Novizen an die Presse durchgestochen worden war: Nicolaus Fest. 

Sichtlich stolz stellt der Landes- und frisch gewählte Fraktionsvorsitzende Georg Pazderski den Publizisten und ehemaligen stellvertretenden Chefredakteur der Bild am Sonntag vor. Über mangelnden Zulauf könne sich seine Partei ja derzeit sowieso nicht beklagen, in diesem Fall stehe jedoch die Qualität im Vordergrund. Die AfD brauche auch Rückhalt bei den Eliten, deswegen sei der Beitritt Fests auch ein Zeichen an andere Sympathisanten, seinem Beispiel zu folgen. 

„Ich habe mir diese Entscheidung nicht leichtgemacht“, gibt der so Gelobte zu. „Aber die AfD braucht bürgerliche Intellektuelle.“ In diesem Zusammenhang hebt der Jurist die Notwendigkeit einer Opposition gegen die Selbstaufgabe des Parlaments oder die zahlreichen Rechtsbrüche etwa bei der Euro-Rettung hervor. Einige Äußerungen in der Partei hätten ihn irritiert, meint Fest, die „Affäre Gedeon“ gehört dazu: „Antisemitismus darf in einer bürgerlichen Partei keinen Platz haben. Auch deswegen bin ich der AfD beigetreten.“ Gefragt, ob er denn selbst ein politisches Amt, etwa ein Bundestagsmandat anstrebe, reagiert Fest eher ausweichend – nach dem Motto: Wenn die Partei mich ruft, werde ich folgen. Einer der Journalisten murmelt die Übersetzung dieser Zwischen-den-Zeilen-Antwort vor sich hin: „Also ja!“

Dann kommt der Moment, an dem die Miene des Parteivorsitzenden auf dem Podium merklich einfriert. Fest nennt den Islam eine totalitäre Ideologie, die unvereinbar sei mit dem Grundgesetz. Das öffentliche Zurschaustellen dieser Ideologie gehöre genauso verboten wie das der nationalsozialistischen. Müßten dann nicht, fragt ein Journalist, sämtliche Moscheen in Deutschland geschlossen werden? „Ja“, antwortet Fest. Die Presse hat jetzt ihr Thema. Drei Nachfragen später betont Georg Pazderski, daß seine Partei selbstverständlich nicht rechts-treuen Moslems absprechen wolle, ihren Glauben zu praktizieren. „Wenn sich Muslime mit unserer freiheitlichen demokratischen Ordnung identifizieren, stellen sie natürlich kein Problem dar“, räumt Fest schließlich ein; um gleich darauf rhetorisch zu fragen: „Aber sind sie dann noch echte Muslime?“

Auch einige andere Position von ihm wird in den eigenen Reihen nicht auf ungeteilten Beifall stoßen. Ob er sich manche dezidiert amerikakritischen und antiwestlichen Töne zu eigen mache?  Fest: Das Engagement der Amerikaner in Europa sei unerläßlich zur „Garantie unserer Sicherheit“, die Nato nannte er „ein Wunderwerk“.

Ein Nebeneffekt des prominenten Neuzugangs: Fest stellt noch am selben Tag sein Internet-Blog ein. Fortan sei er eben kein Publizist mehr, sondern Politiker, lautet seine Begründung. So spricht niemand, der nur einfaches Parteimitglied bleiben möchte.