© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/16 / 21. Oktober 2016

CD-Kritik: Mauro Peter
Gesunde Routine
Jens Knorr

Schumanns „Dichterliebe“ müsse unbedingt auf eine Schumann-CD eines jungen Sängers, auch wenn das schon tausend vorher gemacht hätten, sagt der junge Sänger Mauro Peter. Nun hat’s der Tausendunderste gemacht und besticht mit nach wie vor frisch-, fröhlich-, fromm-freiem Antritt, der in der Tat an Fritz Wunderlich erinnert, den frühen, wohlgemerkt.

Peters lyrischer Tenor hat eine berückende Mittellage, klingt in der Tiefe jedoch stumpf, im Piano und in der Höhe durchaus wacklig. Die Register sind keineswegs ganz korrekt verblendet. In den exuberanten Passagen kommt Peter an stimmliche Grenzen. Daß sich der Sänger in den Liedern wiederfindet, ist weder Voraussetzung noch Garantie dafür, daß das den Liedern umgekehrt mit Interpreten und Hörern auch so geht. Identifikation und juveniler Schwung reichen im Jahre 2016 zu gültiger Interpretation allein nicht hin. Peter hat weder ein Sensorium für die Differenz zwischen Heines Ironie und Schumanns gänzlich unironischer Vertonung von Heines Gedichten noch für die Doppeldeutigkeiten von H.C. Andersen, die Schumann wohl einkomponiert hat, wenn sie ihm nicht gar unterlaufen sind. Rollen- und Komponisten-Ich verlieren sich im Ich des Interpreten.

Mauro Peter und sein Begleiter Helmut Deutsch liefern junge, alte Routine, die ist aber nur kurze Zeit gesund.

Robert Schumann Dichterliebe op. 48 und ausgewählte Lieder Sony Classical, 2016  www.mauropeter.com