© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/16 / 21. Oktober 2016

Der alte Kontinent als Idealziel für „Flüchtlinge“: Gutmenschlicher Traum
Europa als Ideal und Anziehungspunkt
(wm)

Allen Brüsseler und Berliner Unkenrufen zum Trotz sind Wirtschaftsfachleute sich ziemlich einig in der Prognose, die Briten könnten nach dem Brexit beweisen, daß ein „mittelgroßes Land auch allein Erfolg in der globalisierten Welt haben kann“ (Holger Steltzner, FAZ vom 5. Oktober 2016). Für Intellektuelle, die wie die 1947 geborene Anglistin Aleida Assmann die Europa-Euphorie der Adenauer-Ära früh verinnerlichten, droht damit der Kern ihrer psychische Stabilität schenkenden Ideologie zu schmelzen. Der besteht im Glauben an den Anachronismus des Nationalstaats in der „irreversibel globalisierten Welt“. Deshalb beschwört Assmann mit zunehmender Panik den „europäischen Traum“ gegen die „Einbunkerung in einer nostalgischen nationalen Vergangenheit“ (Herder Korrespondenz, 9/2016). Aus ihrem gutmenschlichen Paralleluniversum raunend, jenseits aller geopolitischen und migrationsökonomischen Determinanten gegenwärtiger „Wanderungsbewegungen“, rät die mit Werken über das „kulturelle Gedächtnis“ bekannt gewordene Kulturwissenschaftlerin, diesen Traum dadurch „wiederzugewinnen“, daß Europa mit „grenzüberwindender Haltung“ sich als Kontinent für „Flüchtlinge“ reformiere, der sich ihnen als „Ideal und Anziehungspunkt“ öffnen solle, damit sie „Teil des neuen Europa“ werden können.


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