© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/16 / 28. Oktober 2016

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Zensur bei Facebook stoppen!“, JF 43/16

Vorwurf der Verleumdung

Hierzu habe ich ein interessantes Erlebnis beizusteuern. Am 6. September 2016 habe ich im Hause der Bundesstiftung Aufarbeitung an einer Veranstaltung mit dem Titel „Stasi reloaded – Leben wir in einem neuen Überwachungsstaat?“ teilgenommen. Auf dem Podium unter anderem der Staatsrechtler und ehemalige Bundesverteidigungsminister Rupert Scholz und die Landesbeauftragte von Berlin für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Maja Smolt­czyk. Es ging um die Geheimdienste der Bundesrepublik Deutschland und ihre Einbindung und Überwachung durch die entsprechenden staatlichen Gremien (Gerichte, Datenschutzbehörden). Fazit: alles im grünen Bereich. 

Als das Publikum das Wort erhielt, habe ich das Podium schlicht und kurz gefragt, warum in den ganzen Ausführungen nicht der Name Anetta Kahane gefallen sei, die im Auftrag des Bundesministers der Justiz, Heiko Maas, die Bundesbürger durch ihre Institution ausspioniert und dabei recht gut verdient, dank der finanziellen Unterstützung von Manuela Schwesig. Meine Frage an den Staatsrechtler, was dieser aus rechtlicher Sicht dazu sage, daß die Überwachung der Büger einfach an Private ausgelagert wird, und meine Frage an die offenbar durch Frauenquote beförderte Datenschutzbeauftragte, was denn der Datenschutz dazu sage, wurde mit beredtem Schweigen beantwortet: Professor Scholz, der das hohe Lied des Rechststaates dargeboten hatte, schaute betreten auf seine Schuhe, und die Datenschutzbeauftragte suchte mit ihren Augen irgend etwas in einem imaginären Raum, so, als wäre sie gar nicht anwesend. 

Stattdessen ergriff ein ebenfalls zur Podiumsbesatzung gehörender gewisser Jens Gieseke vom Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam das Wort und wütete ziemlich laut und mit Schaum vor dem Mund, daß diese anständige Frau derartig infame und herabwürdigende Niederträchtigkeiten und Verleumdungen nicht verdient habe.

Klaus-Dieter Ohström, Berlin






Zum Schwerpunktthema: „Zensur bei Facebook stoppen“ & „Deutschland läßt sich aussaugen“ von Christian Schreiber, JF 43/16

Die Wahrheit zur Lüge erklärt

Bereits 2012 schrieb ich ein an die Nationalhymne angelehntes dreistrophiges Gedicht mit dem Titel „Allmonaie / Eine Draghiöde“. Kaum hatte ich es bei Facebook eingestellt, wurde das Gedicht innerhalb einer Woche kommentarlos gelöscht. Vier Zeilen der letzten, dritten Strophe lauteten: „Deutsche Schuld und deutsche Sühne / sind der Welt ein Unterpfand. / Gib dich hin auf dieser Bühne, / blute, deutsches Vaterland“. Wenn diese Bestandsaufnahme nicht rechtens ist, wird hier offenbar – frei nach Biermann – die Wahrheit zur Lüge erklärt?

Alfred Becker, Bremen






Zu: „Sächsischer Sündenbock“ von Michael Paulwitz, JF 43/16

Ein plumpes Ablenkungsmanöver

Die gespielte Empörung über das angebliche Justizversagen scheint mir ein plumpes Ablenkungsmanöver. Ist Deutschland zu einem Tollhaus geworden? Da werden in unserem Land via Abtreibung täglich Hunderte Kinder getötet, und scheinheilige Gutmenschen ereifern sich hier, weil ein mutmaßlich Terrorist im Gefängnis Selbstmord begeht. Von wegen Skandal. Wo bleibt da der Aufschrei gegen echte Not?

Herbert Gaiser, München






Zur Umwelt-Kolumne: „Mit aller Gewalt“ von Jörg Fischer, JF 43/16

Keine Partei, nirgends

Es wundert mich, daß es keinen Aufschrei gibt, weder aus der Bevölkerung noch von der Automobilindustrie und erst recht nicht aus der Energiewirtschaft. Die unsinnigsten Forderungen der grünen Ökofanatiker zur Energiewende, zur Abschaffung der Benzin- und Dieselmotoren und zu weiteren Einschnitten in unser Leben werden in den Medien meist wohlwollend kommentiert. Kein Mensch, keine Lobby, keine Partei hinterfragt die Notwendigkeit dieser einschneidenden Veränderungen. Man nimmt den Kampf gegen den Klimawandel auf und damit basta.

Diese grünen Forderungen sind dabei so laienhaft und naiv, daß man eigentlich darüber lachen könnte, wäre es nicht so ernst. Wovor soll das Klima gerettet oder geschützt werden? Nirgendwo steht geschrieben, daß das Klima konstant sein muß, also hat das Klima alle Freiheiten, genau wie das Wetter, welches die Grundlage dafür ist. Alle Experten oder die, die sich dafür halten, sollten sich darüber im klaren sein, daß es trotz vieler Bemühungen bisher nicht gelungen ist, einen wissenschaftlich exakten Nachweis dafür zu erbringen, daß Kohlendioxid auf die Wetter- und damit die Klimaentwicklung einen relevanten Einfluß hatte oder hat. Auch der „Weltklimarat“, das IPCC, konnte bisher keinen Beweis für diese Hypothese erbringen! Wahrscheinlich wird das Klima von den wechselnden Sonnenaktivitäten beeinflußt. Es ist kriminell, auf einem derartig unsicheren Fundament wie der CO2-Hysterie eine funktionierende Volkswirtschaft (speziell Verkehr und Energie) zu demontieren. Diese fragwürdige Energiepolitik ist unsicher, während deren Preise nur eine Richtung kennen – nach oben. Ohne staatliche Förderung der erneuerbaren Energien hätten diese keine Chance am Markt. Die Stromkunden werden über die EEG-Umlage mit 25 Milliarden pro Jahr geschröpft. 

Die AfD hat sich als einzige Partei in ihrem Programm gegen die Energiewende ausgesprochen, aber ich vermisse hierzu Aktivitäten. Warum versucht man nicht mit Hilfe des Europäischen Instituts für Klima und Energie (EIKE) oder anderen Wissenschaftlern, mehr Opposition zum Mainstream aufzubauen? Für einen Ausstieg aus der Energiewende ist es doch noch nicht zu spät.

Joachim Rescher, Dessau






Zu: „Bohlen for President!“ von Michael Klonovsky, JF 42/16

Nach der Null folgt die Eins

Ihr Autor zieht ein befremdliches Fazit:  „Der Präsident gehört in die historische Mottenkiste.“ Dagegen erhebe ich einen begründeten Einspruch – und zwar mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV). Diese beweist relativ einfach, daß immer zwei Möglichkeiten existieren: 0 (Null) oder 1 (Eins), was anderes gibt es nicht. Auch wenn mal mehrere Nullen nacheinander folgen, kommt doch irgendwann wieder eine Eins. Genau deshalb braucht Deutschland auch weiterhin einen Bundespräsidenten, aber eine Eins, welche eben nicht ihr moralisches Rückgrat beugt, den Nacken einzieht und sich den Seilschaften aus Lobbyisten, erfolglosen, aber karrieresüchtigen Politikern und verbeamteten Einflüsterern unterwirft.

Alban Hirsch, Neunhof




Die Frage der Resonanz

Aus meiner Sicht bleibt das Amt des Bundespräsidenten relevant, es wurde in den vergangen Jahren nur nicht resonant genug ausgeübt. Folglich plädiere ich für einen Aufbruch im Bundespräsidentenamt in Resonanz und Wissenschaftlichkeit. Mein Vorschlag hierfür lautet : Professor Hartmut Rosa, lehrender Soziologieprofessor an der Universität Jena. 

Hartmut Rosa forscht seit 1994 in zahlreichen Büchern und Aufsätzen über ein gelingendes Leben der Menschen mittels einer Kritik verschiedener Phänomene der Zeitverhältnisse. Mit seinen Publikationen: „Weltbeziehungen im Zeitalter der Beschleunigung“ (2012) und „Resonanz“ (2016) bietet Rosa Lösungsansätze an, wie institutionelle Resonanz hilft, das Leben des Individums gelingen zu lassen. Resonanz definiert Rosa als eine Beziehung des wechselseitigen Antwortens. Anerkennung ist hierbei für Rosa eine wichtige Ermöglichungsbedingung von Resonanz. 

Ein Bundespräsident, der in seiner Amtsführung mit der Bevölkerung eine Beziehung des wechselseitigen Antwortens anstrebt, der dürfte gewährleisten, daß es eine neue, eine resonante Einheit des Staates gibt.

Dr. Frank Wolfram Wagner, Lemgo






Zu: Dahinter steckt ein größeres Kalkül“ von Thorsten Hinz, JF 42/16

Begrifflicher Diebstahl

Ich möchte auf den Begriffsklau hinweisen, den die Macher der neu gegründeten Initiative „Offene Gesellschaft“ mit dem von Karl Popper geprägten Ausdruck betreiben. Eine Offene Gesellschaft ist eine, die über Politikansätze ergebnisoffene Diskurse führt und nach Umsetzung konkreter Schritte diese evaluiert; letzteres wiederum ergebnisoffen, um im Lichte praktischer Erfahrungen notfalls nachjustieren und auch Kehrtwendungen vollziehen zu können. Eine Gesellschaft, die sich auf den Ansatz hoher Zuwanderung apodiktisch festlegt, ist in Poppers Sinn eine Geschlossene Gesellschaft, denn sie läßt allenfalls noch den Diskurs um das Wie, nicht mehr aber um das Ob ihres Ansatzes zu. 

Leider entging dieser Punkt auch dem von mir sehr geschätzten Thorsten Hinz, so daß es scheint, die Offene Gesellschaft Poppers sei auch die der heutigen Befürworter von Massenzuwanderung, aus Poppers seinerzeitiger Perspektive sei nur nicht deren Ausmaß und destruktives Potential erkennbar gewesen.

Dr. Andreas Kraußer, Hamburg






Zu: „Waffenrecht / Auf den Bürger eingeschossen“ von Hartmut Rinne, JF 42/16

Gefährliche Erinnerungsstücke

Herr Rinne hat eine weitere Gruppe von Waffenbesitzern übersehen: die Erbwaffenbesitzer. Meine Frau, 57 Jahre alt, hat eine Pistole und ein Gewehr von ihrem verstorbenen Vater (ohne Munition) geerbt. Es sind Erinnerungsstücke. 

Sie mußte diese Waffen blockieren lassen, das heißt, sie sind jetzt unbrauchbar. Kosten: 700 Euro. Darüber hinaus müssen diese schußuntauglichen Waffen in einem Tresor aufbewahrt werden. Kosten: 400 Euro. Damit nicht genug: Alle drei Jahre kommt ein Waffenkontrolleur der Stadt Ludwigsburg – unangemeldet – um zu prüfen, ob sich die „Waffen“ noch vorschriftsgemäß im Tresor befinden. Derzeitige Gebühren: 70 Euro pro Prüfung. 

Das ist Realität in unserem Land: Vertrauen können die Behörden einer über 35 Jahre in der Gemeinde lebenden Mitbürgerin und Mutter, die drei Kinder großgezogen, dabei ununterbrochen Steuern gezahlt und sich nie etwas zuschulden kommen lassen hat, nicht entgegenbringen. Sie muß immer wieder kostenpflichtig kontrolliert werden. 

Beruhigend, daß es parallel hierzu im „hellen“ Deutschland aber doch noch ein grenzenloses Vertrauen bei der unkontrollierten Zuwanderung so vieler Gäste von Frau Merkel gibt. Und hier bitte keinen Generalverdacht!

Manfred Bullinger, Ludwigsburg






Zum Leserbrief: „An der Schmerzgrenze“ von Thomas Vogel, JF 42/16

Reine, professionelle Dialektik

Herrn Schwarz aufgrund seiner oft provokanten Fragen und Einwände bei seinen Interviews als Linken anzusehen, ist ein Mißverständnis, obwohl er es manchmal wirklich sehr weit treibt. Er will aber nur, daß der Interviewpartner den Bogen seiner Ansichten ausbreitet und begründet, indem er selbst gängige Gegenargumente auftischt. Seine eigene Meinung sind die nicht, sondern das ist seine eigentlich geniale Interviewtechnik. Er wahrt so auch die nötige Distanz gegenüber dem Interviewpartner, der hart gefordert wird und überzeugend argumentieren muß. 

Auf diese Weise wird das Interview nicht zur Anbiederung, was seinen Anspruch auf Wahrhaftigkeit mindern würde, sondern zu einer intellektuellen Aufarbeitung interessanter Gedanken, eben häufig nach dem rhetorischen Muster: Gegenthese – These. Gezielt wird immer auf die These des Interview­partners; Herr Schwarz will gar nicht recht behalten. Nur ganz selten mal, und dann geschieht es ihm recht, zieht der Interviewpartner bei einer Aussage den kürzeren.

Wolfgang Richter, Staudernheim






Zu: „Wolken über Dresden“ von Dieter Stein, JF 41/16

Rache der westdeutschen Linken

Den Bericht zur Bundestagsdebatte am 30. September 2016 von der Staatssekretärin Iris Gleidke empfinde ich als beschämend. Sachsen ist das Land der friedlichen Revolution. Nicht die Ostdeutschen, erst recht nicht die Berliner haben die SED-Machthaber zur Kapitulation gezwungen: Eine Macht, bis an die Zähne bewaffnet, ausgestattet mit dem größten Spitzelapparat der Geschichte und angetreten gegen das eigene Volk; sondern Bürgerinnen und Bürger aus Plauen, Dresden, Leipzig und anderswo in Sachsen, ohne Waffen, mit Kerzen in den Händen haben letztlich die Wiedervereinigung erzwungen. Mit dem Mut der Verzweiflung sind die Frauen und Männer auf die Straße gegangen. Es war eine bürgerliche Revolution gegen Linke, gegen Sozialisten und Kommunisten. Freunde haben mir damals gesagt: Das werden euch die westdeutschen Linken nie verzeihen, daß ihr ihnen ihre Sozialismusideale zerstört habt. 

Bis heute ist gerade in Sachsen ein Demokratieverständnis und eine gesellschaftlich aktive Bürgerschaft vorhanden, von dem sich manche Regionen eine Scheibe abschneiden können. Ich entschuldige keine Randale. Doch wir müssen aufpassen, daß wir nicht wieder eine Gesinnungsmonopolisierung bekommen wie vor 1989.

Dr. Rolf Jähnichen, Borna