© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/16 / 11. November 2016

Gabriel möchte Preisabsprachen erlauben
Die Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll Presseverlage vom Kartellverbot ausnehmen
Ronald Berthold

Je kleiner die Auflage, desto geringer der Anzeigenpreis. Die Printmedien kämpfen daher nicht nur mit den Einnahmeverlusten aus dem drastisch zurückgehenden Zeitungs- und Zeitschriftenverkauf, auch das Anzeigengeschäft bricht ein. 

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will nun wenigstens an dieser Front die vom Leserschwund betroffenen Unternehmen unterstützen. Sie sollen sich ganz legal über die Preise für Anzeigen absprechen und so ein Kartell bilden können. Die Kosten für Werbung in den Blättern würden dadurch steigen. Das sieht der Entwurf der Bundesregierung zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor. In Paragraph 30 soll ein Absatz 2b eingefügt werden. Dieser „nimmt Vereinbarungen von Zeitungs- oder Zeitschriftenverlagen über eine verlagswirtschaftliche Zusammenarbeit vom Kartellverbot des § 1 aus“. Im Klartext: Bisher verbotene Absprachen unter Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen wären damit ausdrücklich erlaubt. Begründung: „Damit werden die kartellrechtlichen Spielräume von Presseverlagen zur Stabilisierung ihrer wirtschaftlichen Basis auch im Bereich von Kooperationen erweitert.“ 

Leidtragende wären die Anzeigenkunden, die für weniger Leistung, also geringere Reichweite, mehr bezahlen müßten. Daher geht vor allem der Handelsverband Deutschland (HDE) auf die Barrikaden, der viele Werbetreibende vertritt. Er spricht davon, „Hard-core-Kartelle im Verlagsbereich zu legalisieren“. Ein „schwerwiegenderer Eingriff in die Grundsätze der deutschen Wettbewerbsordnung“ sei „kaum denkbar“.

HDE-Rechtsexperte Peter Schröder wirft dem Wirtschaftsminister vor, das Gesetz zu novellieren, nur „um bestehende Strukturen zu konservieren“, also Zeitungen zu retten, die im freien Wettbewerb keine Chance mehr hätten und aufgrund des Auflagenverlustes eingestellt werden müßten. Dabei nutze langfristig dieser „Eingriff in die Kräfte des Marktes den Verlagen nichts“. Der Innovationsprozeß werde „so lediglich in die Länge gezogen“.

Das Vorgehen Gabriels nennt Schröder einen „systemwidrigen Eingriff in den Markt“. Diesen müßten letztlich die Verbraucher „mit höheren Preisen und weniger Pressevielfalt bezahlen“, warnt der Jurist. Denn die höheren Kosten für die Werbung würden „zumindest teilweise“ auf die beworbenen Produkte umgelegt werden.

Schon die vorhergehende Novelle des Gesetzes erleichterte Verlagen Zusammenschlüsse, „um eine Steigerung ihrer allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Mediengattungen durch Fusionen zu ermöglichen“.