© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/16 / 09. Dezember 2016

Gescheitertes Verfassungsreferendum in Italien
Bruchstelle des Euro
Dirk Meyer

Die Finanzmärkte zeigen nach dem Verfassungsreferendum zumindest kurzfristig eine gelassene Reaktion. Das Vertrauen auf die Wirkung eines weiteren Voodoo-Zaubers der EZB scheint ungebrochen. Dabei könnte Italien zur Bruchstelle des Euro werden: Wachstumsschwäche und hohe Arbeitslosigkeit (11,7 Prozent) gerade bei Jugendlichen (37,1 Prozent); zweithöchste Staatsverschuldung (134 Prozent des BIP) des Euroraumes; mit notleidenden Krediten in einem Volumen von etwa 360 Milliarden Euro (entsprechend 22 Prozent des BIP) gehört das italienische Bankensystem zum marodesten der Eurozone. 

Hinzu kommen die politischen Instabilitäten. Als drittgrößtes Land des Eurosystems ist es sechsmal so bedeutsam wie Griechenland. Eine entsprechende Banken- bzw. Eurokrise würde keine EZB und kein Rettungsschirm auffangen können. Es wäre das Ende der Gemeinschaftswährung in der jetzigen Form. Doch bereits die Steuerung „gegen ein Europa der Regeln, der technischen Details, der Finanzen und der Austerität“ (Matteo Renzi) erfolgt abseits der Regeln des EU-Vertrages bei einer De- facto-Außerkraftsetzung des Stabilitäts- und Fiskalpaktes gemäß dem Grundsatz: Neue Ordnung entsteht aus der Gewöhnung an Unordnung.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.