© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/16 / 09. Dezember 2016

Im Korruptionssumpf gefangen
Parlamentswahl: Am Wochenende haben die Rumänen ihre Zukunft in der Hand / Die Frage ist, ob sie den Versprechungen überhaupt Beachtung schenken
Michael Link

Das Superwahljahr in Rumänien steuert seinem Höhepunkt zu: Sechs Monate nach den Kommunalwahlen sind 18 Millionen Rumänen aufgerufen, am 11. Dezember ein neues Parlament zu wählen.

Allgemein wird mit einer Ablösung der bisherigen technokratischen Regierung aus parteilosen Fachleuten gerechnet. In Umfragen liegt die oppositionelle Sozialdemokratische Partei (PSD) unter dem Vorsitz von Liviu Dragnea vor der Nationalliberalen Partei (PNL) in Führung. Die PNL könnte nach letzten Umfragen mit nicht mehr als 20 Prozent rechnen, knapp vor der Union Rettet Rumänien (USR). Damit wäre die USR, die durch eine sehr kritische Haltung gegenüber der politischen Elite gekennzeichnet ist, der große Aufsteiger in der politischen Landschaft. In der Sonntagsfrage klar dahinter liegen mit jeweils fünf bis sieben Prozent die Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE) des jetzigen Senatspräsidenten und ehemaligen PNL-Vorsitzenden Calin Popescu-Tariceanu, die Partei Volksbewegung (PMP) des Altpräsidenten Traian Basescu und der Demokratische Verband der Ungarn in Rumänien (UDMR).

Laut Staatspräsident Klaus Johannis handle es sich beim jetzigen Kabinett lediglich um eine „Lösung für eine Krisensituation für einen begrenzten Zeitraum“. Um so größer klingen die Versprechen der Parteien, die allerdings austauschbar erscheinen: Die Kürzung von Steuersätzen, die Abschaffung von Gebühren, Lohn- und Rentenerhöhungen, eine starke Förderung der Infrastruktur sowie des Gesundheits- und Bildungswesens finden sich sowohl bei der PSD als auch bei den anderen, zumindest theoretisch für ein Regierungsbündnis in Frage kommenden Parteien.

„Schmarotzerparteien“, die das Volksvermögen stehlen

Vor vier Jahren hatten die in der Sozial-Liberalen Union USL zusammengeschlossenen Parteien PSD, PNL, die Konservative Partei PC und die Nationale Union für den Fortschritt Rumäniens (UNPR) bei den Parlamentswahlen eine absolute Mehrheit gewonnen. Im Februar 2014 trat die PNL aus der USL sowie aus der Regierung aus und schloß sich mit der Demokratisch-Liberalen PDL zur Christlich-Liberalen Allianz (ACL) zusammen. Daraufhin feierte der aus Hermannstadt stammende PNL-Kandidat Johannis einen klaren Wahlsieg gegen seinen sozialdemokratischen Kontrahenten Victor Ponta (PSD).

2015 mehrten sich Korruptionsvorwürfe gegenüber der Regierung. Schließlich erhob die Staatsanwaltschaft im Juni des vergangenen Jahres  Anklage gegen Ponta wegen des Verdachts der Korruption. Fünf Monate später und nach einer Reihe massiver Proteste, die durch einen Brand in einem Bukarester Nachtclub ausgelöst worden waren, trat Ponta als Ministerpräsident und Parteivorsitzender 2015 zurück. Zu Pontas Nachfolger wurde im November 2015 der parteilose und von der PSD sowie PNL unterstützte Dacian Ciolos gewählt. Auch der PSD-Chef Dragnea wurde im April 2016 wegen versuchten Wahlbetrugs zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Traditionell ist die Wahlbeteiligung in Rumänien  niedrig. 2012 lag sie bei 41,7 Prozent. Die Furcht, daß sie sinkt, ist groß. In einem Kommentar faßte die Allgemeine Deutsche Zeitung  die Situation so zusammen: „Dieser Wahlkampf ist kraft- und saftlos. Das einzig Auffällige sind dumme Plakate. (...) Das Interesse am Urnengang ist durch das vorhersehbare Ergebnis gering. Die PSD wird absahnen und die Regierung zusammen mit ihren Schmarotzerparteien bilden, deren einziges Ziel Stehlen des Volksvermögens zum Eigennutz sein wird.“