© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/16 / 09. Dezember 2016

Der kommende Zinsentscheid der US-Zentralbank Fed
Wertberichtigungen
Thomas Kirchner

Wette nie gegen die Zentralbank. Mit dieser alten Börsenweisheit sind Anleger in den Jahren der lockeren Geldpolitik in Aktien und Anleihen gut gefahren. Auch nach dem Ende der „quantitativen Lockerung“ in den USA feiern die Aktienmärkte Trumps Wahl und das zu erwartende Wachstum wegen niedriger Steuern und wachstumsfreundlicher Reformen. Etwas unschön war die Reaktion der Rentenmärkte: Renditen zehnjähriger US-Anleihen sind von 1,8 vor der Wahl auf 2,5 Prozent gestiegen. Sie reflektieren die zu erwartenden Zinserhöhungen. Denn mit Aussicht auf höheres Wachstum ist die Niedrizinspolitik in den USA nicht mehr zu rechtfertigen.

Der Übergang zu vernünftigen Zinsen kann schmerzlich werden. 1,5 Billionen Dollar sind seit dem Tiefstand von 2009 in Anleihenmärkte geflossen, im Vergleich dazu nur knapp hundert Milliarden in US-Aktien. Insbesondere in Europa haben Emittenten von niedrigen Zinsen profitiert und Anleihen mit 50 Jahren Laufzeit herausgegeben, Vielleicht springt jetzt auch der amerikanische Staat in letzter Minute auf diesen Zug auf. Irland, Mexiko und Belgien konnten sogar Laufzeiten von 100 Jahren plazieren. In der Spitze hatten Papiere im Wert von etwa zehn Billionen, hauptsächlich mit kürzerer Laufzeit, negative Renditen. 

Lange Laufzeiten und niedrige Renditen sind eine gefährliche Kombination, wenn die Zinsen steigen. Wer Geld anlegen will, freut sich zwar über höhere Zinsen, doch wer schon angelegt hat muß einen saftigen Wertverlust einstecken, besonders wenn die Rückzahlung erst in Jahrzehnten erfolgt. Papiere mit Negativrendite werden Verluste erleiden, die sich wegen der meist kurzen Laufzeiten in Grenzen halten werden. In der Summe kommen auf Anleger jedoch saftige Wertminderungen zu.

Problematisch kann es bei Langzeitanleihen werden. Steigt die Rendite einer 50jährigen um nur ein Prozent, verliert sie ein Viertel ihres Wertes. Dadurch können Wertberichtigungen auf Versicherungen und Banken zukommen, die auf langfristig niedrige Zinsen vertraut haben. Darum wird der EZB in der schwächelnden Eurozone kaum eine andere Wahl bleiben, als ihre Lockerung weiterzuführen, um die negativen Auswirkungen ihrer Geldpolitik in die Zukunft zu verschieben.

Niedrigzinsen in Europa und hohe in den USA werden den Wechselkurs umdrehen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein Dollar mehr wert ist als ein Euro. Nicht nur zum Euro stieg der Dollar in letzter Zeit, auch wegen Zinssenkungen in Schwellenländern wie Brasilien und Indien um je 0,25 Prozent hat er zugelegt. Erstmals seit langer Zeit wird ein schwacher Euro den deutschen Export 1in die USA aber nicht fördern. Wegen Trump ist das Risiko von Sanktionen gegen Währungsmanipulatoren gestiegen. Europäische Firmen werden deshalb Arbeitsplätze in den USA schaffen, anstatt dorthin zu exportieren.