© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/16-01/17 23. Dezember / 30. Dezember 2016

Argumente gegen das Dauergeschwätz der Talkshows
Wirtschaftsphilosophie: Der Wiener Ökonom Rahim Taghizadegan gibt ein Brevier mit den Leitsätzen des libertären Vordenkers Roland Baader heraus
Christian Dorn

Exemplarisch verkörpert sich die Tragödie des Papiergeldzeitalters in der Schlagzeile der Süddeutschen Zeitung: „Draghi flutet Märkte mit neuen Milliarden“. Statt diesen Wahnwitz – dem zufolge die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Anleihekaufprogramm ab kommenden April mit nunmehr 60 Milliarden Euro pro Monat bis Dezember 2017 verlängert – entschieden zu kritisieren, wird der Vorgang zur „Radikalkur für die Wirtschaft“ umgedeutet.

Dabei macht eine „Flutung“ nur Sinn, wenn ein Brandherd zu bekämpfen ist. So aber wird der Brandstifter und „Falschgeldmünzer“ zum Feuerwehrhauptmann ernannt. Dabei übernehmen die Intellektuellen „widerspruchslos das Lügenvokabular und betreiben bedenkenlos das Propagandageschäft der Mächtigen“.

Es ist diese Umwertung der Begriffe – etwa Diebstahl als „Besteuerung“, Zwangsabgaben als „Gebühren“ zu deklarieren –, die niemand deutlicher erkannt hat als der einstige Unternehmer und Privatgelehrte Roland Baader (1940–2012), der beim späteren Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek Volkswirtschaft studiert und maßgeblich dazu beigetragen hatte, die Österreichische Schule der Nationalökonomie im deutschsprachigen Raum wiederzubeleben, zuletzt auch durch seine Beiträge in der JUNGEN FREIHEIT.

Über zwei Dutzend Zitate daraus finden sich nun in dem von dem Ökonomen Rahim Taghizadegan herausgegebenen exzellenten Sammelband über „Das Ende des Papiergeld-Zeitalters“. Dieser enthält die wichtigsten Notate und Aphorismen Roland Baaders, die so einem breiteren und jüngeren Publikum zugänglich gemacht werden sollen. Zu Recht wird die Publikation als ein „Brevier der Freiheit“ annonciert, macht sie den Leser doch immer wieder staunen ob der prophetischen Weitsicht Baaders, formuliert mit sprachlicher Brillanz, die jeden Einspruch im Keim erstickt. Wer etwa wollte wiedersprechen, wenn Baader „ungedecktes Papiergeld“ definiert als das „großartigste Werkzeug der Ausbeutung, das die Herrschenden jemals erfunden haben“?

Baaders unbestechlicher Röntgenblick auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft überzeugt beispielhaft anhand seiner Beobachtungen aus dem Jahr 1991, als der libertäre Vordenker bereits davor warnte, den Bankrott des „sozialistischen Kolonialreiches im Osten“ für die Agonie des Sozialismus zu halten. Tatsächlich sei der Kapitalismus in der Stunde seines größten Triumphes schon unterspült und ausgelaugt vom „Sozialsozialismus“, wie „ein morscher Baum“, den der nächste Sturm fällen werde.

So würden im Sozialsozialismus des Sozialstaats nicht die Produktionsmittel verstaatlicht, sondern die Menschen, sprich: das Humankapital. Durch eine „Sozialprodukts-Mafia, die meist außerhalb produktiver Arbeit steht und sich unter dem kapitalistischen Wohlstandsschirm rattenhaft vermehrt“, werde eine „Gauner-Ehre“ praktiziert: „Minderheiten plündern, um mit dem Gestohlenen wechselnde Mehrheiten zu bestechen“. Letztlich gehe es darum, alle Mitglieder des Gemeinwesens fortschreitend zu enteignen, „um die alsdann allesamt bedürftig gewordenen mit Almosen (aus dem Diebesgut) in unterwürfige Abhängigkeit zwingen zu können“.

Beredtes Zeugnis dafür sei der „Sprechblasen-Marathon“, wo die Absicht des Diebstahls unter dem Schlagwort der „sozialen Gerechtigkeit“ vorgetragen wird. Dabei gehe „im Dauergeschwätz der Talkshows“ die wichtigste Erkenntnis unter, daß es nämlich der politischen Kaste und ihren Parteien nur um die Frage gehe: „Wer von uns darf und wird in welcher Form und in welchem Ausmaß über das Leben der Bürger bestimmen?“ Das Schlimmste an diesem Schmierentheater aber sei das Unvermögen der Betroffenen, diese „unglaubliche Anmaßung“ zu durchschauen.

Roland Baader: Das Ende des Papiergeld-Zeitalters. Ein Brevier der Freiheit. Hrsg. von Rahim Taghizadegan, Verlag Johannes Müller, Bern 2016, 240 Seiten, gebunden, 22 Euro

Informationen des Liberalen Instituts in Zürich zu Roland Baader: www.roland-baader.de