© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/17 / 06. Januar 2017

Radikalsekretär mit Brandgeruch
Rot-Rot-Grün in Berlin: Senatsmitglied Andrej Holm steht wegen seiner Stasi-Vergangenheit in der Kritik / Viel schlimmer sind seine linksextremen Verstrickungen
Felix Krautkrämer

Sie heißen „Nobelkarossentod“ oder „Nobelkarossentod 2.0“: Brandsätze, deren Bauanleitungen immer wieder in linksextremen Szenepublikationen wie radikal und Interim veröffentlicht werden. Ziel: das möglichst effektive und unerkannte Anzünden von sogenannten „Luxusschlitten“ oder Fahrzeugen staatlicher Behörden. 

Andrej Holm ist Stadtsoziologe, Fachgebiet Gentrifizierung, besser der Kampf gegen sie. Unter Gentrifizierung versteht man die gesellschaftliche Veränderung in einem Bezirk oder Stadtteil durch Privatisierung von Wohnraum, steigende Mieten und den Zuzug von Besserverdienern. Linksextremisten wollen durch Farbattacken auf Neubauten oder das Anzünden von teuren Fahrzeugen deren Besitzer aus solchen Vierteln vertreiben. 

Was hat das nun alles mit Andrej Holm zu tun? Einiges. Holm ist seit kurzem Staatssekretär für Bauen und Wohnen in Berlin. Kurz vor seiner Ernennung sorgte seine Stasi-Vergangenheit für Schlagzeilen (JF 51/16). Dennoch hielt Senatorin Katrin Lompscher von der Linkspartei an Holm fest. 

Bei der Aufregung über Holms frühere Tätigkeit für das MfS rückten jedoch seine Kontakte in die linksradikale Szene aus dem Blickfeld. So geriet Holm 2006 ins Visier der Bundesanwaltschaft, die damals gegen die „militante gruppe“ (mg) wegen mehrerer Brandanschläge und anderer Verbrechen ermittelte. In Bekennerschreiben waren ähnliche Formulierungen aufgetaucht, wie sie auch Holm in seinen Anti-Gentrifizierungsschriften verwendete. 2007 kam er in Untersuchungshaft, wurde aber einige Zeit später wieder auf freien Fuß gesetzt, da der Bundesgerichtshof eine Mitgliedschaft in der mg oder eine direkte Beteiligung an deren Taten nicht als erwiesen ansah. Allerdings war bei Holm während einer Hausdurchsuchung auch eine Ausgabe der Untergrundschrift radikal gefunden worden, in der eine Seite mit Anleitungen zum Bau von Brandsätzen aufgeschlagen war. Der Bundesgerichtshof bescheinigte ihm deshalb eine „linksextremistische Einstellung“ und eine „Mitarbeit an den letzten Ausgaben der aus dem Untergrund publizierten Szenezeitschrift radikal“. Dies könne „auch ein Indiz für seine Gewaltbereitschaft liefern“, hieß es im Beschluß des Gerichts. 

Der Vorgang ist nicht die einzige Episode, die Holms Nähe zur gewaltbereiten linksextremen Szene belegt. 2009 steuerte er einen Artikel für eine Broschüre bei, die sich gegen Privatisierungen richtete. „Das gesellschaftliche Klima ist also günstig für die radikale Linke, um in die Kämpfe gegen Privatisierung zu intervenieren und antikapitalistische Positionen in die Gesellschaft hineinzutragen“, hieß es in dem 44seitigen Heft. Verantwortet wurde die Broschüre von der „Antifaschistischen Linken Berlin“ (ALB). Diese wurde bis zu ihrer Auflösung 2014 vom Berliner Verfassungsschutz beobachtet. Die Behörde kam zu der Einschätzung, daß die ALB die linksextreme Szene der Stadt über Jahre hinweg dominierte.

„Die ALB fordert die Überwindung des politischen Systems aus einem revolutionären Antifaschismusverständnis heraus“, schrieb der Verfassungsschutz 2011 über die Organisation. „Die Gruppe zielt auf eine Radikalisierung gesellschaftlicher Konflikte, da nach ihrer Auffassung das gesellschaftliche System nicht durch Reformen überwunden werden könne, sondern ‘nur durch eine entschlossene revolutionäre Bewegung’“. Holm sah darin jedoch keinen Grund, von einer Zusammenarbeit mit der ALB abzusehen.

Auch hat er bis heute nicht erklärt, ob er während seiner Inhaftierung von der linksextremen Gefangenenorganisation „Rote Hilfe“ unterstützt wurde oder sogar deren Mitglied war. Ebenso hat er sich bislang nie eindeutig von gewaltbereiten Gruppierungen distanziert. Im Gegenteil: Als 2006 bei den Krawallen während des G8-Gipfels in Heiligendamm mehr als 400 Polizisten verletzt wurden, beklagte Holm, der die Proteste mitorganisiert hatte, daß sich Linkspartei und Attac aus dem Bündnis mit den Randalierern zurückzogen.