© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/17 / 06. Januar 2017

CD-Kritik: Robert Schumann
Naturdarm für alle
Jens Knorr

Schumanns Zweite Symphonie wird zuerst ihres zweiten Satzes wegen geliebt, einem Adagio espressivo, das in der Interpretation des Dresdner Festspielorchesters unter Ivor Bolton erwartungsgemäß trostvoll klingt, Schumanns Cellokonzert großer Cellisten wegen. Die Symphonie hat Schumann in Dresden, das Konzert kurz nach seinem Weggang aus Dresden niedergeschrieben: der Bezug zur Stadt ist gegeben.

Jedes Jahr zu den Musikfestspielen formiert sich das von dem Cellisten Jan Vogler 2012 im Geiste des legendären „Orchestra di Dresda“ gegründete Dresdner Festspielorchester. Die Musiker aus renommierten Ensembles der Alten Musik suchen auf originalen bzw. nachgebauten Instrumenten der Entstehungszeit dem jeweiligen Originalklang nahezukommen. Diese ihre Debüt-CD wurde durch Crowdfunding – „Schwarmfinanzierung“ – ermöglicht.

Die „Virtuosenraupe“ werde von ihm abfallen und ein „prächtiger Compositionsfalter herausfliegen“, schreibt Schumann im Februar 1854. Die Virtuosenraupe läßt Voglers Spiel auf naturdarmsaitenbespanntem Stradivari-Cello weit unter sich. Doch kommt der Compositionsfalter nicht recht zum Fliegen, weil Solist, Dirigent und Orchester die in beiden Partituren aufgeworfenen interpretatorischen Probleme mit musikantischer Betriebsamkeit eher umgehen denn überzeugend lösen. 

Schumann Cellokonzert und Symphonie Nr. 2 Sony Classical, 2016  www.festspielorchester.com