© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/17 / 27. Januar 2017

Widersprüchlich faszinierend
Ausstellung I: Die Schau „Unter Waffen“ in Frankfurt am Main zeigt Exponate aus der Design- und Kunstwelt
Claus-M. Wolfschlag

Waffen sind sexy. Zumindest legt das die Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“ nahe, die im Frankfurter Museum Angewandte Kunst zu sehen ist. „Waffen üben eine ambivalente Faszination aus“, heißt es denn auch in der Erläuterung zur Ausstellung. Schließlich verkörpern sie einerseits Macht und Überlegenheit, verbreiten aber andererseits Angst vor Schmerz und Tod. Waffen dienen zur legalen Aufrechterhaltung eines Staates und seiner Rechtsordnung wie der illegalen individuellen Gewaltanwendung. Zugleich sind sie Lustobjekt, aber auch Sport- und Arbeitsgerät. 

Die Frankfurter Schau widmet sich nun dieser ästhetischen, widersprüchlichen Faszination von Waffen, zeigt dabei künstlerische Arbeiten, aber auch skurrile Erzeugnisse der Design- und Medienwelt. Die Bandbreite der Exponate ist groß und dadurch ausgesprochen unterhaltsam. Zum Beispiel eine sich pazifistisch begründende Arbeit liefert Peter Ziska mit seinem Projekt „Symbiosis“. Der Designer und Konzeptkünstler kauft Uzis und AK-47-Sturmgewehre, die von den Vereinten Nationen gegen Fahrräder getauscht und unbrauchbar gemacht wurden. Diese Schrottwaffen bearbeitet Ziska wiederum mit Farbe zu Kunstobjekten, über deren Verkauf er weitere funktionsuntüchtige Waffen erwirbt.

Das AK-47 taucht auch an anderer Stelle wieder auf, nämlich als Grundform in einer Taschenkollektion James Platts. Ein traditionell geknüpfter Teppich der afghanischen Zakani-Belutschen aus der Zeit der russischen Besatzung zeigt Handgranaten, Minenfelder, Panzer und Kampfhubschrauber. Der Afrikaner Gonçalo Mabunda hat einen eindrucksvollen metallenen Thron aus Waffen und Munitionsresten geschweißt, die während des sechzehnjährigen Bürgerkriegs in Mosambik Verwendung gefunden hatten.

Gleich daneben verströmt die „Medium Gun Lamp“ des französischen Designers Philippe Starck einen Hauch von Dekadenz. Der mit 18 Karat vergoldete Fuß der eleganten Tischlampe hat die Form einer Maschinenpistole. Eine Fotostrecke von Rami Maymon bildet junge israelische Wehrpflichtige ab. Die ästhetische Anziehungskraft von Menschen in Uniform selbst in Zeiten der pazifistischen Moderne wird hier eindringlich nahegebracht.

Auch eine Kollektion der vielen käuflich zu erwerbenden Produkte unserer Warenwelt präsentiert die Ausstellung. Schlagringe zieren Kaffeebecher, Smartphone-Hüllen und Handtaschen. Ein auch bei Online-Anbietern erhältlicher Messerblock im „Voodoo“-Stil von Raffaele Iannello hat die Form eines von den Klingen durchbohrten Männchens. Eine kleine Seife von „Donkey“ in Pistolenform steht großformatigen XXL-Pistolen mit Schaumstoffmunition als Kinderspielzeug von „Hasbro“ entgegen. 

Die Ausstellung „Unter Waffen. Fire & Forget 2“ ist noch bis zum 26. März im Museum Angewandte Kunst, Schaumainkai 17, Frankfurt am Main, täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr, zu sehen.

 www.museumangewandtekunst.de