© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/17 / 17. Februar 2017

„Ganz so schlimm ist es noch nicht“
Sicherheitskonferenz: Der Vorsitzende Wolfgang Ischinger blickt nicht ohne Sorge, aber auch mit einigen Erwartungen auf das Treffen in München
Christian Vollradt

So spannend wie in diesem Jahr sei die Münchner Sicherheitskonferenz schon lange nicht mehr gewesen, meinte deren Chef Wolfgang Ischinger am Montag vor Journalisten in Berlin. Im ersten Moment hört es sich an, als gerate der frühere Diplomat ins Schwärmen angesichts dessen, was da von Freitag bis Sonntag in der bayerischen Hauptstadt auf dem Programm steht. Doch obwohl Ischinger seinen Stolz nicht ganz verhehlen kann, eines der wichtigsten informellen Treffen für hochrangige internationale Außen- und Sicherheitspolitiker zu organisieren, zeigt sich der bekennende Optimist durchaus besorgt. 

Denn „noch nie war die Zahl der außenpolitischen Fragezeichen so groß wie jetzt“, ist Ischinger mit Blick auf die Verunsicherung nach der Wahl Donald Trumps überzeugt. „Wir wissen nicht genau, was Amerika will.“ Das sei eine neue Erfahrung. Für den früheren deutschen Botschafter in Washington heißt das hinsichtlich des Treffens in München aber auch: Zurück zu den Wurzeln. Denn die Sicherheitskonferenz war in ihren Anfangsjahren in erster Linie ein deutsch-amerikanisches Forum. Ischinger nannte es einen Beweis der Wertschätzung, daß Washington mit einer hochkarätigen Delegation anreisen wird. Dazu gehören neben Vizepräsident Mike Pence und Verteidigungsminister James Mattis auch der Minister für Homeland Security, John Kelly, sowie der nationale Sicherheitsberater – es war noch der Stand vor dem Rücktritt von Michael Flynn. Außerdem eine Delegation des Kongresses mit Senator John McCain. „Da kommen also nicht nur Trump-Jünger“, so Ischinger. Für ihn ein Beweis der Lebendigkeit der amerikanischen Demokratie. 

Außer der Hoffnung, nach dem Wochenende ein paar Fragezeichen weniger hinsichtlich der Ziele amerikanischer Außenpolitik zu haben, stehen auch der Syrienkrieg sowie die Diskussion über die Zukunft der Europäischen Union auf dem Programm. Teilnehmen werden in München unter anderem die Präsidenten Polens, der Ukraine und Afghanistans, dazu Premiers aus dem Irak, der Türkei, 47 Außen- und 30 Verteidigungsminister über 90 Parlamentarier und der UN-Generalsekretär. Ausdrücklich hob Ischinger die Rolle des russischen Außenministers Sergej Lawrow hervor, dem als dienstältestem die Rolle einer Art Doyens zukomme. Obwohl der Abgesandte des Kremls wegen der Konflikte in Syrien und im Osten der Ukraine wieder einmal mit viel Gegenwind rechnen könne, habe er sofort zugesagt – „das rechne ich ihm hoch an“, lobt der Vorsitzende der Sicherheitskonferenz. 

Besonders erfreulich sei auch die Anwesenheit des chinesischen Außenministers, der wegen der Irritationen mit Amerika zwischenzeitlich abgesagt hatte. Nicht eingeladen wurden nur die Nordkoreaner. „Dazu fehlte mir bisher der Mut.“ Aber, versicherte Ischinger, das müsse nicht so bleiben. Ohnehin sei es ein Vorteil der Münchner Tagung, daß man dort auch Leute versammeln könne, die man ins Kanzleramt lieber nicht einlade. 

Bei allem Verständnis für die amerikanische Forderung nach einer gerechteren Lastenteilung in der Nato betonte Ischinger: „Über unsere Wehrausgaben wird nicht in Washington entschieden.“ Trotz mancher Irritationen im transatlantischen Verhältnis hält der erfahrene Ex-Diplomat nichts davon, Angela Merkel zu einer Art „Jeanne d’Arc der freien Welt“ zu stilisieren. „Ganz so schlimm ist es ja nun doch nicht!“ 

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