© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/17 / 17. Februar 2017

Auf Hilfe angewiesen
Gemischte Bilanz beim Uhu-Bestand in Deutschland
Christoph Keller

Bereits in den 1920er Jahren schlugen Ornithologen den Uhu (Bubo bubo) den in Deutschland aussterbenden Arten zu. Ab 1960 galt diese prächtige Eulenart dann als nahezu ausgerottet. Inzwischen melden Vogelschützer die Erholung und rechnen mit 2.100 bis 2.500 Brutpaaren in den Hauptverbreitungsgebieten Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.

Von der Roten Liste bedrohter Arten gestrichen

In Bettina Kelms Übersicht zu Entwicklung und Stand der Uhu-Population ist diese Zahl, die dem ehrenamtlichen Engagement Tausender von Freunden des imposanten nächtlichen Jägers zu danken ist, freilich nur ein Lichtstrahl am finsteren Horizont (Natur, 12/16). Ein weiterer Aufwärtstrend ist jedenfalls kein Automatismus. Denn wie schon vor 60 Jahren könnte Deutschlands größte Eule, die inzwischen von der Roten Liste bedrohter Arten gestrichen wurde, den Wettlauf mit der Zivilisation abermals und dann vielleicht endgültig verlieren.

Zumal die Hauptgefahren, Straße und Schiene, Strom- und Sendemasten, Schallschutzverschalungen an Autobahnen sowie der Stacheldraht der Vieh- und Sicherheitszäune die Greifvögel mit ihren 170 Zentimeter Flügelspannweite unvermindert bedrohen und ihre Lebensräume einengen. Wie prekär ihre Lage wieder ist, illustriert Kelm mit dem Hinweis auf ungesicherte Strommasten. Obwohl der Gesetzgeber Energiekonzernen 2002 eine zehnjährige Frist einräumte, um ihre Masten so zu entschärfen, daß die Vögel dort nicht verbrennen, stehen allein in Bayern derzeit noch 20.000 Strommasten zur Umrüstung an. Gleichfalls akuten Sicherungsbedarf weisen Sendemasten auf, deren Strahlung ähnlich wie Mikrowellen Gewebe zerstören. 

Unbefriedigend ist auch das beim Landschaftsschutz bisher Erreichte. Weiterhin warte man nämlich auf die Umsetzung der bald 40 Jahre alten Brüsseler Vogelschutzrichtlinie und damit auf die darin avisierten „reich strukturierten Landschaften“, die der Ratten, Mäuse, Kaninchen und junge Füchse lautlos jagende Uhu zum Nahrungserwerb und zum störungsfreien Brüten benötigt.

Als alarmierend zu werten sei überdies die, trotz Artenhilfsprogramm, in Bayern zwischen 2001 und 2014 ermittelte Zahl von durchschnittlich 0,8 Jungtieren. Zur Arterhaltung wäre ein Jungtier pro Revier und Jahr notwendig. Tröstlich bei dieser wiederum mit aufwendiger ehrenamtlicher Arbeit erstellten bayerischen Uhu-Bilanz ist immerhin eine zu verstärktem Einsatz motivierende „sensationelle Entdeckung“: Am Mittleren Lech, entlang von 68 Flußkilometern, erfaßten Eulenschützer seit 2008 sukzessive dreißig unbekannte Uhu-Reviere und damit „die erfolgreichste Uhu-Population“ im Freistaat.

Uhu-Broschüre von Ulrich Lanz vom Landesbund für Vogelschutz (LBV): www.nabu.de