© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/17 / 24. Februar 2017

Filmfestival: Rückschau auf die 67. Berlinale
Wenig unterhaltsam
Wolfgang Paul


Seit ihrer Gründung im Jahr 1951 versteht sich die Berlinale als ein politisches Filmfestival. Seinerzeit als ein „Schaufenster der freien Welt“, später, zu Zeiten der Entspannungspolitik, kam die Öffnung zum osteuropäischen Kino aufs Programm, und seit dem vorigen Jahr ist es die Flüchtlingskrise, wozu sich diesmal das Trump-Bashing gesellte.


Aki Kaurismäki entwickelt in seinen Filmen die Kraft aus der Langsamkeit. Er schildert eine Welt der Verlierer und Aussteiger am Rande der Gesellschaft. In seinem neuen Werk „Die andere Seite der Hoffnung“ gelangt ein syrischer Flüchtling aus Aleppo auf einem Kohlendampfer nach Helsinki, wo sein Asylantrag abgelehnt wird. Er soll abgeschoben werden, während im Fernsehen der katastrophale Zustand in seiner Heimat gezeigt wird. Dann bedrohen Skinheads den armen Syrer, bis ihm ein paar Obdachlose zu Hilfe kommen. Das alles ist zu einem märchenhaften Plädoyer für Menschlichkeit stilisiert, für das Kaurismäki den Silbernen Regie-Bären bekommen hat.


Goldener Bär für Liebesgeschichte


Geradezu quälend realistisch ist dagegen der deutsche Beitrag „Helle Nächte“ von Thomas Arslan, der in Norwegen gedreht wurde. Ein Vater versucht nach langer Abwesenheit einen Kontakt zu seinem 14jährigen Sohn zu finden, der sich unversöhnlich zeigt. Eine Fahrt in den hohen Norden mit dreitägiger Wanderung hat sich der Papa ausgedacht. Klar, daß es zu häßlichen Szenen in einer faszinierenden Landschaft kommt, die zuweilen im Nebel verschwindet. Unterhaltsam kann man auch dieses Werk der sogenannten Berliner Schule nicht nennen. Das hielt die Jury unter der Leitung von „Basic Instinct“-Regisseur Paul Verhoeven aber nicht davon ab, Georg Friedrich, der den Vater spielt, den Silbernen Bären für den besten Darsteller zu verleihen.


Der Goldene Bär ging an einen sehr poetischen Film. Ein Gedicht habe sie zu ihrem Film „On Body and Soul“ inspiriert, sagte die ungarische Regisseurin Ildiko Enyedi auf der Pressekonferenz. Lange im Gedächtnis bleibt die Liebesgeschichte von zwei scheuen Seelen, die in einem Schlachthof aufeinandertreffen, allemal. Beide träumen unabhängig voneinander denselben Traum von einem Hirsch-Paar im winterlichen Wald, wie bei der Befragung einer Psychologin herauskommt. Der Film ragte aus dem unspektakulären Wettbewerb heraus.