© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/17 / 24. Februar 2017

Medien mit Migrationshintergrund
Die Magazine „Migazin“ und „Biber“ artikulieren die Interessen von Einwanderern, ermöglichen aber auch kritische und politisch unkorrekte Einblicke in ihre Lebenswelten
Verena Inauen


In Österreich existieren mittlerweile über 50 sogenannte „Ethno-Medien“ – Medien also, die vor allem Migranten ansprechen sollen und zumeist in deren Muttersprache gehalten sind. Das Publikum sind vor allem in Österreich lebende Zuwanderer, wobei Migranten türkischer Herkunft die größte Gruppe darstellen. Dicht gefolgt von serbokroatischen Publikationen. Darüber hinaus finden sich noch Medien auf russisch, polnisch, bulgarisch, arabisch, chinesisch, englisch und französisch. Letztere vor allem für afrikanische Zuwanderer.


Lediglich die Zeitschrift Biber erscheint ausschließlich auf deutsch und versteht sich selbst als „transkulturelles Portal für Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in Österreich“. Nur die wenigsten Leser brächten die Zeitung aber in Verbindung mit einem Nagetier, beschreibt die Redaktion sich selbst. „Biber bedeutet auf türkisch Pfefferoni und auf serbokroatisch Pfeffer und hat so in allen Sprachen unseres Zielpublikums eine Bedeutung“, ist auf der Internetseite des Magazins zu lesen. Und „pikant“ auftischen wollen auch deren Redakteure.


In ihrer Themenauswahl gehen die Schreiber rund um Chefredakteur Simon Kravagna nämlich ganz und gar nicht sensibel vor und greifen gern auch mal tief in den politisch unkorrekten Topf. „Mit scharf“ nennt die Redaktion den Stil und setzt das Motto auch gleich neben den Titel des Magazins. Deutlich wurde die Blattlinie etwa auch bei einer Geschichte über sogenannte „Mischlingskinder“, also Nachwuchs von Menschen verschiedener Herkunft. Während die Wortwahl bei den übrigen linksgerichteten Medien in der Alpenrepublik für Empörung sorgte, ließ die Kritik das Magazin kalt.


Als Migrantenzeitung darf Biber in Österreich Richter spielen und die Begriffshoheit über sich auch selber pachten. Weniger obwohl, sondern gerade weil die Autoren größtenteils aus dem Zuwanderermilieu stammen, befördern ihre Berichte immer wieder Erstaunliches zutage. Nicht selten greift sogar der FPÖ-Vorsitzende HC Strache die Beiträge des Blattes auf.


So etwa als eine Moslemin über das Jugendphänomen „Haram“ berichtete, das sie im Rahmen eines Unterrichtsprojektes an ihren eigenen Glaubenskollegen beobachtete. Ein Trend, der es vor allem Mädchen und Frauen nach dem islamischen Recht der Scharia verbietet, sich zu freizügig zu kleiden, Alkohol zu trinken oder Partys zu feiern.

Einblick in Subkulturen von Einwanderern

Aber auch ein jüngst erschienener  Beitrag des Bibers über den Druck der islamischen Gesellschaft auf gläubige Frauen bezüglich des Kopftuches sorgte für einigen politischen Wirbel. Obwohl sie das nun besiegelte Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst eigentlich gut fänden, würden viele moslemische Frauen nach außen hin zu ihrer Glaubengemeinschaft halten müssen, weil es sonst intern Ärger von den Männern gebe, erzählt eine Betroffene dem Magazin.
Finanziert werden Medien wie Biber angeblich hauptsächlich durch Inserate. Wobei mittlerweile nicht mehr nur ausländische Firmen, sondern auch eine Vielzahl heimischer Unternehmen auf den Leser mit Migrationshintergrund als Kunden setzen.


Die 85.000 Exemplare des Zuwanderermagazins werden vorwiegend in Wien in Supermärkten und an Selbstbedienungskästen verkauft sowie gratis auch an Schulen verteilt. Nach eigenen Angaben wird die Zeitung zu über 60 Prozent von weiblichen, meist in der türkischen Szene verankerten Lesern bezogen. Immerhin blättern sie die jährlichen acht Ausgaben auf deutsch durch.

 www.dasbiber.at




Migrantenzeitschrift „Biber“: „Transkulturelles Portal für Menschen mit und ohne Migrations-hintergrund“