© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/17 / 03. März 2017

Kroatien lädt ein, aber keiner will kommen
Asylkrise: Die Umverteilung von Einwanderern innerhalb der EU stockt, selbst Länder, die aufnehmen möchten, schaffen es nicht
Michael Link

Der Druck der Europäischen Union auf seine Mitgliedsstaaten, die Asylquote zu erfüllen, wächst. „Es muß mehr getan werden – und schneller“, fordert der EU-Kommissar für Migration, innere Angelegenheiten und Bürgerschaft, Dimitri Avramopoulos. Es sei zwar möglich, die beschlossenen Ziele zu erreichen, „aber dazu braucht es den politischen Willen, das Engagement und ausreichend Ausdauer sämtlicher Mitgliedstaaten“.

Nach den EU-Beschlüssen aus dem Jahr 2015 soll jedes Mitgliedsland der EU Asylsuchende entsprechend eines Verteilungsschlüssels aufnehmen. Demnach sollen 160.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland auf andere europäische Länder verteilt werden. Damit sollen die beiden Mittelmeerländer entlastet werden. 

Die Entscheidung war in einer Mehrheitsentscheidung gegen den Widerstand der Slowakei, Tschechiens, Rumäniens und Ungarns gefallen. Der Schlüssel berücksichtigt unter anderem die Bevölkerungszahl, das Bruttoinlandsprodukt und die Arbeitslosenquote.

Die EU-Kommission hatte bereits im vergangenen Dezember die Mitgliedstaaten aufgefordert, sich stärker um die Aufnahme der Einwanderer zu bemühen.  

Bislang sind jedoch erst 11.966 Flüchtlinge tatsächlich auf die Länder verteilt worden. Während manche Staaten noch hinter den Anforderungen zurückgeblieben sind, haben andere der Aufnahme von Flüchtlingen nicht einmal zugesagt.

In einem Interview mit der Deutschen Welle vermutet Dimitri Avramopoulos, daß die mangelnde Umsetzung der Quote mit der Innenpolitik der einzelnen Länder zu tun habe. 

„Viele Regierungen befürchten, daß sie infolge der Aufnahme weiterer Flüchtlinge Stimmen an populistische oder extremistische Bewegungen verlieren könnten.“ Er gestand aber ein, daß die Migrationswelle für Europa eine beispiellose Belastung darstelle.

Doch daß der Wille zur Aufnahme von Flüchtlingen keine Garantie für die Quotenerfüllung sei, das erklärte der kroatische Innenminister Vlaho Orepic am Beispiel seines Landes. „Wir sollten 1.563 Flüchtlinge aufnehmen. Das Problem ist allerdings, daß sie nicht nach Kroatien kommen wollen“, sagte Orepic in einem Interview mit dem Sender. „Die Flüchtlinge wollen in andere Länder reisen, für sie ist Kroatien nur ein Transitland.“ So habe Kroatien bislang nur 19 Flüchtlinge aufgenommen. 

Weitere 30 werden in den kommenden Wochen von Griechenland sowie 20 von Italien aufgenommen. „Kroatien unterstützt die gemeinsame Sicherheitspolitik“, versicherte Orepic. „Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit mit der europäischen Grenzschutzagentur Frontex und schützen erfolgreich die Außengrenzen der Europäischen Union.“