© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/17 / 10. März 2017

Haltungsnote
Dit is Berlin
Lukas Steinwandter

Der Platz rund um das Kottbusser Tor in Berlin ist nicht nur oberhalb von Asphalt und Beton ein Hotspot für Kleinkriminelle, sondern auch darunter, in den U-Bahn-Schächten. Das mußte eine Frau am vorvergangenen Montag bitterlich erfahren. Zwischen ebenjener Station und der Schönleinstraße rempelte sie ein Mann im Gedränge an und zog ihr dabei trickreich das Portemonnaie aus der Jackentasche. Ihr Glück: Julian Mieth saß unmittelbar in ihrer Nähe. Der Vize-Senatssprecher, Mitglied der Grünen, bemerkte den Diebstahl. Als ehemaliger Polizeireporter wußte Mieth, was zu tun war. Er sprang hoch und riß dem Mann die Geldbörse aus der Hand. Während er der Frau ihr Eigentum zurückgab, packte er den Ganoven und wandte sich an die anderen Fahrgäste: „Das ist ein Taschendieb. Bitte rufen Sie sofort die Polizei, helfen Sie mir, ihn festzuhalten!“, schilderte er dem Berliner Tagesspiegel. Doch statt eines Helfers meldete sich der Komplize des Diebes. Der versuchte zunächst, die Tat abzustreiten und schlug Mieth dann auf den Arm. Das Duo verschwand in der nächsten U-Bahn-Station. Enttäuscht schrieb der ehemalige Journalist auf Twitter: „Dit is Berlin.“ Entmutigt fühle er sich jedoch nicht. „Wenn’s noch mal passiert, werde ich mich genauso verhalten.“