© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Geschäftsmodell: politisch korrekt
Der Watchblog „Schmalbart“ möchte auf der linkspopulistischen Welle mitschwimmen
Ronald Berthold

So ein Pech aber auch! Die US-Nachrichtenseite Breitbart News Network kommt vorerst nicht nach Deutschland. Das mögen hiesige Anhänger des amerikanischen Präsidenten bedauern, die mehr Vielfalt – auch in der Amerika-Berichterstattung – erwartet haben. Einen echten Schlag scheint es aber vor allem für Gegner dieser Webseite zu bedeuten. Für sie ist Breitbart ein Feindbild, weil das Portal angeblich den Milliardär ins Weiße Haus gebracht habe. Es wird als „rechtsextrem“ diffamiert.

Und so hat sich sogleich ein Watchblog gegründet, der „Schmalbart“ heißt. Doch was tun, wenn der Gegner gar nicht antritt? Dann spielt man ohne ihn, kann nur gewinnen und definiert seine Taktik ein wenig um: „Schmalbart sieht sich als Teil einer jüngeren Bewegung, die parteiunabhängig ist und die Zivilgesellschaft gegen Populisten im engeren Sinne aktivieren möchte, zum Erhalt der demokratischen Öffentlichkeit.“

Einige Artikel werden gar nicht gelesen

Das klingt immer gut und könnte im Zweifel auch öffentliche Fördergelder bringen. Sicherheitshalber verlinkt Schmalbart dann auch auf Organisationen wie „Netz gegen Nazis“, die Facebook-Initiative „Ichbinhier“, die politische Diskussionen durch Masse an Kommentaren beeinflussen möchte, und die Bundeszentrale für politische Bildung.

Als Ableger hat Christoph Kappes, der Schmalbart-Verantwortliche, auch noch den „Beobachter Völkischer“ gegründet – eine namentliche Anlehnung an die einstige NS-Zeitung Völkischer Beobachter – nur eben umgekehrt. Hier sollen „Völkische“ beobachtet werden. Und ganz im Stil einer Geheimpolizei stellt die Online-Postille andere Medien „unter Beobachtung“. 

Wer nun aber erwartet, daß sich Kappes und sein Autor Detlef Gürtler hier tatsächlich „völkische“ Publikationen wie die Nationalzeitung, die Deutsche Stimme oder andere rechtsextreme Blätter vorknöpfen, verkennt den Geist der Zeit. Ganz im Sinne des medial-politischen Konsenses stehen derzeit nur  konservative bis rechtsliberale Medien „unter Beobachtung“ wie zum Beispiel die eurokritischen Deutschen Wirtschaftsnachrichten (DWN) und der Blog des Publizisten Henryk M. Broder, „Die Achse des Guten“. 

Welcher Vergehen haben sich die DWN schuldig gemacht? Sie haben die Politik der offenen Grenzen problematisiert: Geplante Handy-Kontrollen von Asylbewerbern kritisiert die Onlinezeitung als „fragwürdigen Eingriff in die Privatsphäre“. Aber diese wären „nicht nötig“, wenn sich die Bundesregierung zu einem ordentlichen Grenzschutz und einer kontrollierten Einwanderung aufraffen könnte“. Das reicht, um am Kappes-Gürtler-Pranger unter Beobachtung gestellt zu werden.

Vergehen Nummer zwei: Die DWN „bitten unsere Leser um Unterstützung“, weil sie sich gegen einen „Angriff aus der EU“ zu Wehr setzen möchten. Dummerweise ist der Text hinter einer Bezahlschranke versteckt, was Gürtler in Rage bringt: „Signieren Sie nur mit Ihrem eigenen Blut! Bewerten Sie unsere Räuberpistole! Aber nur, wenn Sie sich damit vorher ins eigene Bein geschossen haben!“

Ein Blick auf die durchweg kritischen Kommentare reicht, um festzustellen, wie wenig man mit diesem verbalen Gewaltausbruch über einen ungelesenen Text selbst im linksliberalen Milieu punkten kann. Offenbar war der Protest sogar so groß, daß es unter den Beiträgen zu den DWN heißt: „Nach internen und externen Diskussionen möchten wir klarstellen, daß wir die DWN nicht für völkisch, rechtsextrem oder antisemitisch halten.“ Damit wäre der Sinn des gesamten „Beobachter Völkischer“ in Frage gestellt.

Ähnlich banal sind die angeblich publizistischen Verbrechen der „Achse des Guten“. Ein Autor habe die Höhe der VW-Vorstandsgehälter mit Bezug auf das Wort „Volk“ im Firmennamen Volkswagen kritisiert. Das macht Gürtler wütend: „Klar: Der Laden gehört zwar nicht dem Volk, heißt aber so – da ist es nur logisch, daß wir ihn auch als volkseigenen Betrieb behandeln und volkseigene Gehälter festlegen. Wir, die Achsionäre des Guten.“ Leider hat sich der Autor verrannt, und läßt außer acht, daß der Wolfsburger Automobilkonzern tatsächlich zu mehr als 20 Prozent dem Land Niedersachsen, also doch dem Volk, gehört. Der zweite Vorwurf lautet, Beiträge trieben „ins hassistische Fahrwasser“. Der „Beobachter Völkischer“ bedauert an einem Beispiel, daß diese „zuwenig geahndet“ würden. Um was geht es? Autor Gürtler: „Inhaltlich werde ich nicht weiter auf diesen Text eingehen.“ Schmalbart und sein Ableger liefern also ein typisches linkes „zivilgesellschaftliches“ Medienprojekt: Wenig Substanz, dafür Haltung und Forderung nach Ahndung. Insofern dürfte bald ein Journalistenpreis oder eine staatliche Förderung fällig sein.