© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Der Westen: Der Tanz des blinden Elefanten im Porzellanladen
Vom Umgang mit dem Islam
(wm)

Das Wissen, das der Fürst der deutschsprachigen Orientalistik zu wilhelminischer Zeit, der fromme ungarische Jude Ignaz Goldziher (1850–1921), in bahnbrechenden „Muhammedanischen Studien“ (1889/90) und „Vorlesungen über den Islam“ (1910) vermittelte, taugt noch heute zur Aufklärung über eine aggressive Religion und ihre absolutistische Sozialverfassung. So habe Goldziher, worauf der deutsch-iranische Publizist Armin Langroudi in einem Essay über „Machtkämpfe der islamischen Glaubensbrüder“ hinweist (Tumult, 1/2017), den Stamm (Qabilah) als die seit Jahrtausenden manifeste „Kernstruktur der arabischen Gesellschaft“ beschrieben. Auf den plötzlichen Wandel eines solchen Systems hin zur Demokratie westlichen Musters zu vertrauen, sei daher pure Illusion, „die nur im Westen ihre Anhänger findet“. Vergleichbar krasse Fehleinschätzungen kursieren über den „kultivierteren Islam“ im Iran. Hier genüge schon ein Blick in die dortige Mullah-Verfassung, die „Gott“ als „alleinige Souveränität“ fixiert und jedes von islamischen Maßstäben abweichende Gesetz zur Disposition des obersten religiösen Führers stellt. Auch im Iran sei der Islam also mit Demokratie unvereinbar. Was westliche Eliten autistisch ignorierten, sonst gliche ihr Engagement im Orient nicht seit Jahrzehnten dem Tanz des blinden Elefanten im Porzellanladen. 


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