© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Frisch gepresst

Medien. „Die verschwörungstheoretische Vorstellungswelt war wohl niemals ‘tot’“, so John David Seidler, der Kölner Medienwissenschaftler, in seiner Forschungsarbeit, die der Verschwörung der Massenmedien gewidmet ist. Eine Kernfrage seiner „Kulturgeschichte vom Buchhändler-Komplott bis zur Lügenpresse“ lautet, ob und inwieweit der augenscheinliche Vertrauensverlust in die Medien ausschließlich ein gegenwärtiges Phänomen ist. Seidler gibt darauf keine präzise Antwort, doch er vertieft die Geschichte des „Medienkomplotts“ und untersucht die aus dem „Lügenpresse“-Vorwurf entstandene Verunsicherung und dessen Auswirkung auf das Tun der Journalisten. Seidler kritisiert dabei auch die tatsächlich dem Vertrauensverlust Vorschub leistenden Fehler im Journalismus, wo die Rolle der Presse zwischen Berichterstatteung und Meinungsbildung sehr unscharf wurde wie im Golfkrieg 1990/91 und bei den Terroranschlägen in New York 2001. Dabei nimmt er Bezug auf die Verdachtstheorie von Boris Groys, dem deutschen Philosophen, der Verschwörungstheorien als die Repräsentation der realen Beziehungen von Medien und ihren Rezipienten deutet. (ff)

John David Seidler: Die Verschwörung der Massenmedien. Transcript Verlag, Bielefeld 2016, broschiert, 372 Seiten, 39,99 Euro





Arme Eltern. Die Babyboomer zahlen viel in die Rentenkassen, haben aber wenige Kinder. Wenn sie bald ihre Rentenansprüche geltend machen, verteilt sich deren Kaufkraft auf wenige junge Arbeitskräfte. Welche Leistung bekommt man dann noch fürs Geld? In der aktuellen demographischen Schieflage sind paradoxerweise die fein raus, die keine Kinder haben und für den Lebensabend einiges ansparen konnten. Sie sind in der Lage, die Leistung der Kinder zu bezahlen, die sie selbst nicht bekommen haben, während jene, die ihre Kraft in Familie und Erziehung investierten, zusteuern auf die „Endstation Altersarmut?“, so der Titel von Otto Lothar Nickels Buch. Der siebenfache Vater beschreibt, wie „das Sozial- und Steuersystem den Lebensentwurf kinderloser Paare“ massiv subventioniert und skizziert Lösungen mit weniger Staat und mehr Fairneß: „Belaßt den Eltern den Lohn für die lebenslange Leistung an ihren Kindern und verpflichtet die Kinderlosen dazu, für ihr Alter selbst vorzusorgen.“ (mv)

Otto Lothar Nickel: Endstation Altersarmut? Der Demografiefalle entkommen. Tredition Verlag, Hamburg 2016, gebunden, 208 Seiten, 29,22 Euro





Historisches Kalenderblatt

20. März 1957: Eine Fragestunde des Bundestages in Bonn befaßt sich mit dem „Buch der Etikette” der stellvertretenden Protokollchefin des Auswärtigen Amtes, Erica Pappritz. Ihre pingelige Auslegung von Benimmregeln erhitzte zuvor in Politik und Medien die Debatten.