© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/17 / 24. März 2017

Zeitschriftenkritik: Tumult
Rückblick auf den Historikerstreit
Werner Olles

Wenn in weiten Regionen der Welt, bis hinein in Moscheen auf deutschem Boden, der Haß auf den Westen zur Staats- und Religionsdoktrin erklärt, wenn Kindern in Schulbüchern beigebracht wird, den Ungläubigen mit Haß zu begegnen, (…) dann steht die Frage nach dem ‘Clash of Civilizations’ dringender denn je auf der Tagesordnung“, schreibt der Literaturwissenschaftler Peter J. Brenner in der aktuellen Ausgabe (Frühjahr 2017) von Tumult, der „Vierteljahresschrift für Konsensstörung“. Die Frage könnte auch lauten, warum Huntingtons Erkenntnis, daß die islamische Kultur durch Kriegslust und Gewaltbereitschaft gleichsam codiert ist („Die Grenzen des Islam sind in der Tat blutig und das Innere ist es ebenfalls“, Huntington), nicht längst von den Kritikern des Willkommens-Wahns aufgegriffen wurde.

Ulrich Schacht analysiert in seinem Beitrag „Der Ghostwriter“ die Kritik des amerikanischen Philosophen Richard Rorty (1931–2007) am linksliberalen Establishment. Rortys Ausführungen „sind mit jeder Zeile eine fast vernichtende Kritik eben jenes linksliberalen amerikanischen Establishment und seiner Vertreter in Kultur, Universitäten, Verwaltungsdemokratien, Parlamenten und Regierungen, die sich parteipolitisch vor allem den Demokraten zuordnen“. Da die Linke es versäume, sich mit den Folgen der Globalisierung und der Öffnung der Grenzen auseinanderzusetzen, werde der Ruf der Arbeiter nach einem starken Mann, der ihnen verspreche, daß unter ihm „die feinen Bürokraten, raffinierten Anwälte, überbezahlten Anlageberater und postmodernistischen Professoren nicht mehr das Sagen haben werden“ (Rorty), die Reaktion sein. Man könne meinen, so Schacht, Donald Trumps Antrittsrede sei von Rorty geschrieben worden. 

Peter Hoeres blickt zurück auf den „Historikerstreit“. Ins Rollen brachte ihn Noltes Ausladung von den Frankfurter Römerberggesprächen, hinter der er Jürgen Habermas vermutete, woraufhin seine nichtgehaltene Rede unter dem Titel „Vergangenheit, die nicht vergehen will“ mit der These über den „kausalen Nexus“ zwischen Gulag und Auschwitz am 6. Juni 1986 in der FAZ erschien. Vollends entfacht wurde der Streit dann jedoch erst durch die Replik von Habermas in der Zeit. Die sich nun entzündende Debatte eskalierte, nachdem Joachim Fest Habermas „akademische Legasthenie“ und „ideologisches Vorurteil“ attestierte und dessen verharmlosende Rede über die „Vertreibung der Kulaken durch Stalin“ geißelte. Die Fronten waren nun geklärt, doch nach Fests Ausscheiden 1993 rückte die FAZ von Nolte ab. In einem Brief teilten die  Herausgeber Günther Nonnenmacher und Johann Georg Reißmüller Nolte mit, daß er sich den Publikationsort FAZ verbaut habe. 

Weitere Beiträge in Tumult befassen sich unter anderem mit der „Institutionalisierung der Manipulation als Konsequenz der Moderne?“, der AOK als „Finanzkonzern des deutschen Monetarismus“ (Albrecht Goeschel) und den Machtkämpfen islamischer Glaubensbrüder.


Kontakt: Frank Böckelmann, Nürnberger Str. 32, 01187 Dresden. Das Einzelheft kostet 8 Euro, ein Jahresabo 32 Euro. 

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