© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/17 / 24. März 2017

Frisch gepresst

Asyl-Syrer. Was für Menschen sind das, die aus Syrien nach Deutschland kommen, was treibt sie an und was erwarten sie in dem neuen Land? Und wie soll die Gesellschaft mit „aufgebrachten Bürgern“ umgehen, die „Bürgerwehren gründen und Brandanschläge planen“? Um diese Fragen zu beantworten, recherchierte die Journalistin Jasna Zajcek mehrere Monate lang in Berlin und Sachsen. Im Reportagestil erzählt die Autorin, die mehrere Jahre für deutsche Zeitungen aus Syrien berichtet hat, mit welchen Schwierigkeiten Betroffene im Umgang mit Asylsuchenden kämpfen. Ehrenamtliche Helfer etwa, die an Jugendlichen ohne Schulerfahrung scheitern, einfach weil ihnen die nötige Ausbildung im Umgang mit solchen Menschen fehle. Beiläufig erwähnt Zajcek, die selbst Deutsch als Fremdsprache unterrichtet, daß die freiwilligen Helfer diese Kinder „respektvoll ‘Menschen ohne Lernerfahrung’“ nennen, Analphabeten „Geflüchtete mit niedrigem Alphabetisierungsgrad“. Sie beschreibt aber auch minutiös das „kalte“ Deutschland: Sachsen, wo die Aufnahme von Asylsuchenden größtenteils abgelehnt werde. Frustriert seien sie, ohne Frauen, weil die alle wegzögen. Doch Zajcek läßt auch Zwischentöne durchklingen: Einwanderer, die eindringlich vor Moslems warnen, „die jederzeit ins Radikale umkippen können“. (ls)
Jasna Zajcek: Kaltland. Unter Syrern und Deutschen. Droemer Verlag, München 2017, gebunden, 256 Seiten, 19,99 Euro




Entwicklungshilfe. Bei manchen Büchern zeigt sich ihre Güte erst nach einer gewissen Zeit. Vor zehn Jahren sorgte der Ökonom und Afrika-Experte Paul Collier mit seinem Buch „Die unterste Milliarde“ für Aufsehen. In einer deutschsprachigen Neuauflage kann das Werk nun seinen bleibenden Wert zeigen. Tatsächlich sind es teilweise unkonventionelle Sichtweisen und Lösungsansätze, die der ehemalige Forschungsleiter bei der Weltbank auf Entwicklungshilfe präsentiert. Dabei ist der Brite bereit, auch seine eigene Zunft zu kritisieren, die mit dem schlechten Gewissen und hiermit generierten Geld des bösen „weißen Mannes“ nicht schlecht lebt: „Die Linke muß sich von der Selbstbestrafung des Westens und idealisierten Vorstellungen über die Entwicklungsländer verabschieden“, mahnt Collier mit Blick auf die Tatsache, daß die Mittel in den Zielländern nicht selten in den Taschen der dort regierenden Kleptokraten landen. „Die Länder der untersten Milliarde sind keine sozialistischen Pionierexperimente; sie brauchen Hilfe auf dem bereits vielbeschrittenen Weg, eine Marktwirtschaft aufzubauen.“ (FA)
Paul Collier: Die unterste Milliarde. Warum die ärmsten Länder scheitern und was man dagegen tun kann. Pantheon Verlag München, 2017, broschiert, 256 Seiten, 9,90 Euro