© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Der „Weiße“ wirbelt alles durcheinander
Serbien: Premier Aleksandar Vucic sah sich bei der Wahl zum Präsidenten als Sieger, doch Politclown Beli sorgt für Unruhe
Hans-Jürgen Georgi

Bis der Mann mit seinem weißen Anzug auf dem weißen Pferd auftauchte, war in Serbien alles in Ordnung. Drei Wochen vor der Präsidentschaftswahl lag Aleksandar Vucic, der erst vor einem Jahr zum Premier gewählt wurde, in den Umfragen mit über 50 Prozent vorn. Die anderen zehn Kandidaten erreichten höchsten zehn Prozent und schienen dem Machtmenschen Vucic nicht gefährlich werden zu können.

Doch plötzlich steigen die Umfragewerte des Politsatirikers Ljubiša Preletacevic, kurz Beli, der Weiße, genannt. Seine Auftritte schweben zwischen Absurdem und Ernsthaftem. So meint er das schmerzhafteste Problem Serbiens, die Kosovofrage, lösen zu können, indem er eine „glänzende und bezaubernde Geschichte“ erzählen werde, und das Kosovo würde von selbst zurückkehren. Belis Ziel ist es, ohne Parteiprogramm, aber mit dem Motto „Nur stark“ in die Stichwahl zu kommen. Genau das war es, was Vucic verhindern wollte, als er selbst seine Kandidatur auf das Präsidentenamt bekanntgab. 

Waghalsige Pendelei zwischen West und Ost 

Große Zustimmung erwarb sich Vucic mit einer waghalsigen Neutralitätspolitik zwischen der EU und Rußland. Kurz nach der letztjährigen Wahl erinnerte ihn Putin daran, daß das „Volk, das den Beziehungen zwischen Serbien und Rußland große Aufmerksamkeit schenkt, einen achtbaren Platz in der Regierung“ habe.

Mit dieser Ermahnung im Rücken, setzte er, nicht ungeschickt, die EU unter Druck. Benommen vom Brexit wollte diese wenigstens an der Ostflanke Erfolge aufweisen, und so wurden Mitte Juli zwei wichtige Beitrittskapitel eröffnet und im Dezember zwei weitere. Dieser durchaus erfolgreiche Weg in Richtung EU machte die Serben allerdings nicht EU-freundlicher, ganz im Gegenteil, die Zustimmung sank bis auf zuletzt nur noch 43 Prozent. 

Alle EU-Zuwendungen, wie die 200 Millionen Euro Heranführungsförderung, die immerhin 2,5 Prozent des Staatshaushaltes Serbiens entsprechen, halfen nichts. Die Liebe der Serben zu den Russen wird immer größer. Ein Drittel liebäugelt gar mit einem Beitritt zur russisch dominierten Eurasischen Union. Doch 65 Prozent des Außenhandels wickelt Serbien mit den  EU-Staaten ab, und nur zehn Prozent mit Rußland.

In Rußland sieht man vor allem einen starken militärischen Partner. Entsprechend lehnt eine große Mehrheit der Serben einen Nato-Beitritt ab. Trotzdem gibt es gemeinsame Übungen mit amerikanischen und demnächst auch mit britischen Soldaten. 

Noch vor der Wahl erhielt Vucic  eine Einladung von Rußlands Präsident Putin, und schon im Vorfeld wurden die zwei wichtigsten Themen abgesteckt: wirtschaftlicher Austausch und militärtechnische Zusammenarbeit. Denn Putin scheint sich zwar mit einer EU-Mitgliedschaft Serbiens soweit abgefunden zu haben. Doch in das Nato-Lager möchte er den einzig verbliebenen slawischen Bruder nicht abrutschen lassen, zumal das benachbarte Montenegro mit einer Nato-Mitgliedschaft liebäugelt.

Alles verläuft nach Plan, wenn nicht Beli in den Umfragen weiter ansteigt. Übrigens ist er auch in der EU-Frage ehrlich und will weiter mit ihr zusammenarbeiten, solange die Serben einen „Nutzen“ daraus ziehen könnten.