© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Nun bleibt erst mal alles beim alten
USA: Nach seiner Pleite mit Obamacare will sich Präsident Trump nun anderen Projekten wie Steuererleichterung zuwenden
Thorsten Brückner

Donald Trump ist dafür bekannt, daß seine Tweets nicht immer den Erwartungen des Amtes genügen. In diese Kategorie fällt auch sein vergifteter Fernsehtip vom vergangenen Samstag.  „Schaut heute Richterin Jeanine auf Fox News um 21 Uhr“, lautete die präsidentielle Programmempfehlung. Erwähnte Jeanine Pirro forderte dann in ihrem Eröffnungsmonolog den Rücktritt des Sprechers des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. Spätestens nun war nicht nur Trumps Twitter-Followern klar, wen der neue Präsident für das Scheitern der nach Ryan benannten Neufassung einer Gesundheitsreform, des „American Health Care Act“, verantwortlich machte.

 Ryan war es nicht gelungen, sowohl moderate Republikaner als auch den konservativen Freedom Caucus mit seinen über 40 Mitgliedern hinter einem gemeinsamen Gesetzentwurf zu vereinen. Der Freedom Caucus hatte beklagt, daß sich „Ryancare“ in wesentlichen Punkten nicht deutlich genug von „Obamacare“ abhebe. Und tatsächlich fanden sich in dem Gesetzentwurf viele zentrale Wahlkampfversprechen der Republikaner nicht wieder. Die jahrzehntealte Forderung, Versicherungspolicen außerhalb des eigenen Bundesstaates kaufen und einklagen zu können, fiel unter den Tisch. Hingegen hätte die von Obama vor sieben Jahren eingeführte individuelle Versicherungspflicht mit Strafzahlungen als Sanktion entfallen sollen. Für „Medicaid“ hätte das Gesetz sogar die größte Reform seit der Einführung dieses staatlichen Versicherungsprogramms für sozial Schwache im Jahr 1965 bedeutet.

Nun bleibt erst mal alles beim alten. Trump hat bereits angekündigt, sich nun anderen Projekten zuwenden zu wollen. Ganz oben auf seiner Liste stehen dabei die im Wahlkampf versprochenen „größten Steuererleichterungen seit Ronald Reagan“. 

Nächster Kriegsschauplatz: Berufung von Bundesrichter

Was die Gesundheitsreform, ebenfalls eines der zentralen Wahlkampfversprechen, betrifft, flüchtet sich der Präsident derweil in das Prinzip Hoffnung. 2017 werde ein sehr schlechtes Jahr für Obamacare mit enormen Beitragserhöhungen für die Versicherten, so Trump. Sobald dies klar werde, würden die Demokraten verhandlungsbereit sein.

 Ihnen hatte der Präsident unmittelbar vor der kurzfristig abgesagten Abstimmung am Freitag die Schuld zugewiesen. Kein einziger Demokrat habe sich bewegt und bekundet, für das Gesetz stimmen zu wollen. Am Sonntag bekam dann aber auch noch der Freedom Caucus von Trump sein Fett weg, der „Obamacare und Planned Parenthood gerettet“ habe. Der größte Abtreibungsanbieter des Landes hätte mit Ryancare alle Subventionen verlieren sollen.

 Die öffentliche Stimmung war klar gegen Ryans Entwurf. Nur 17 Prozent der Amerikaner unterstützen ihn. Das liegt nach Meinung von Fox-News-Analyst Charles Krauthammer auch daran, daß Obama es geschafft habe, durch seine Reform den Zeitgeist zu verändern. „Viele betrachten eine Krankenversicherung mittlerweile als ihr Recht“, beklagte Krauthammer. Das „Congressional Budget Office“ hatte zudem im Vorfeld einen enormen Kostenanstieg durch die Reform prognostiziert. Laut dem überparteilichen Gremium wäre damit auch die Zahl der Krankenversicherten bis 2026 um 24 Millionen zurückgegangen.

 Nächster Kriegsschauplatz ist der Senat. Der muß in den kommenden Wochen über die Berufung von Bundesrichter Neil Gorsuch an den Obersten Gerichtshof entscheiden. Der Minderheitenführer im Senat, der Demokrat Chuck Schumer, hat sich bereits festgelegt, im Notfall Gorsuch mit einem Filibuster (Dauerrede) zu verhindern. Bevor es zu einer Abstimmung kommen kann, müssen zunächst 60 Senatoren für das Ende der Debatte votieren. Die Republikaner verfügen über 52 Sitze. Bisher hat nur der demokratische Senator Joe Manchin angekündigt, für Gorsuch zu votieren. Eine weitere Demokratin, Heidi Heitkamp, hat sich zumindest gegen ein Filibuster ausgesprochen.