© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Die 50 größten deutschen Kapitalvernichter des Jahres 2016
Kursverluste sind nicht alles
Thomas Kirchner

Als die Deutschen 1993 in Wiedervereinigungseuphorie fieberten, steckte ein Sportwagenproduzent in Zuffenhausen in existentiellen Nöten: die Porsche-Aktie sank auf einen Tiefstkurs von 440 D-Mark. Beim Börsengang acht Jahre zuvor war sie noch 1.020 D-Mark wert. 

Aus einem der größten Kapitalvernichter der frühen Neunziger ist im Vierteljahrhundert danach eine Erfolgsgeschichte geworden, dessen Aktie seitdem auf das 24fache gestiegen ist, zuzüglich Dividenden. Einigen der 50 Unternehmen auf der diesjährigen Liste des Grauens der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW)könnte es ähnlich ergehen. Nur welchen? Und eine erfolgreich gerettete Firma wird noch lange nicht eine profitable Anlage.

Firmen straucheln aus verschiedenen Gründen. Zyklische Schwächen können ganze Branchen in die Verlustzone reißen, wie es derzeit bei Rohstoffen der Fall ist. Kein Wunder, daß K+S, eines der wenigen deutschen Rohstoffunternehmen, es in die Liste geschafft hat. Bei solchen Firmen kann sich ein Einstieg für Anleger mit langem Atem lohnen. Andere sind hoffnungslos überschuldet (Air Berlin) oder stehen knapp vor der Pleite (Solarworld), so daß Anleger keine Chance auf Gewinne haben.

Doch bei der Mehrzahl der Unternehmen ist es schwierig, kurzfristige Schwächen wie einst bei Porsche von irreversiblem Abstieg zu unterscheiden. Modefirmen wie Gerry Weber erleiden oft Problemphasen, in denen Topmanager, die das Unternehmen retten können, jeden Pfennig ihrer hohen Gehälter wert sind. Doch grundsätzlich ist das Verlustrisiko in der Modebranche hoch. Viele Technologie-, Software- und Pharmafirmen finden sich auf der Liste, woran Schumpeter seine Freude hätte: durch technischen Wandel werden ihre Produkte obsolet. 

Manchmal sind aber auch veraltete Technologien noch so lange im Einsatz, daß man noch lange daran verdient. Auffällig auf der Liste der Kapitalvernichter: Opfer politischer Fehlentscheidungen, die zwar eine relativ kleine Zahl darstellen, aber einstmals zu den stabilsten und wertvollsten Unternehmen des Landes gehörten. Das sind zum einen die Energieversorger Eon und RWE, die unter der Energiewende leiden, zum anderen Deutsche und Commerzbank, die durch Nullzinspolitik und Überregulierung in der Kostenfalle sitzen. Von ihnen sollten Anleger die Finger lassen. Glücklicherweise hat die DSW im Lauf der Zeit dazugelernt und veröffentlicht neben der Aufstellung nach Kursverlusten auch eine nach Gesamtertrag einschließlich Dividenden und Kapitalrückzahlungen, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Die Watchlist der reinen Kursverluste hat für Anleger keinen praktischen Nutzen und dürfte im Laufe der Zeit eingestellt werden.

Die DSW-Watchlist (Kurs):  dsw-info.de