© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Der Unbeugsame
Wolfgang Grupp: Der erfolgreiche Mittelständler wird 75 Jahre alt / Mit pointierten und patriotischen Aussagen sorgt er regelmäßig für Aufsehen
Thomas Fasbender

Sucht man nach prominenten Unternehmern, die das Deutschland der Gegenwart verkörpern, wer fällt uns ein? Martin Winterkorn, in dessen Zeit als VW-Chef die „Dieselproblematik“ begann und der jetzt zurückgezogen seine 3.000 Euro Betriebsrente genießt – pro Tag versteht sich? Oder Ex-Bertelsmann- und Karstadt-Chef sowie Ex-New York Times-Verwaltungsrat Thomas Middelhoff (JF 44/13), der stolz behauptete, er sei ein Amerikaner und habe nur zufällig einen deutschen Paß und derzeit wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung im offenen Vollzug sitzt? Es gibt auch andere. Etwa einen aus dem Südwesten, wo man genau weiß: Von nichts kommt nichts. Wolfgang Grupp aus Burladingen im Zollernalbkreis in Baden-Württemberg.

Wem weder Ort noch Name etwas sagen: Grupp ist persönlich haftender Gesellschafter der Trigema Inh. W. Grupp e.K. im hohenzollernschen Burladingen. Will sagen: Trigema ist Wolfgang Grupp. Immerhin ist der „eingetragene Kaufmann“ (e.K.) nicht einmal eine juristische Person. Für einen Betrieb mit 1.200 Mitarbeitern mag das nicht alltäglich sein, doch Grupp ist kein Sonderling. Auch sein Talkshow-Charisma ändert nichts daran, daß Grupps Name für die unternehmerischen Grundsätze des deutschen Mittelstands steht, des erfolgreichsten Mittelstands der Welt: unbedingte Qualität; Wertschätzung aller, die zum Unternehmensprodukt beitragen; Treue zur Heimat, zur Region. 

Verbunden mit einem ausgeprägten Sinn für die Exportchancen deutscher Produkte, liegt darin das Rückgrat der stärksten europäischen Wirtschaftsnation. Der Diplomkaufmann Wolfgang Grupp, der am 4. April sein 75. Lebensjahr vollendet, ist für Äußerungen bekannt, die auf Wirtschaftsuniversitäten Stirnrunzeln hervorrufen. Etwa wenn er die Bedeutung der persönlichen, unternehmerischen Führung höher ansetzt als die Skalenvorteile, die mit der Unternehmensgröße wachsen. Und sich fragt: „Ist es denn nicht besser, daß zehn Unternehmer je 1.000 Mitarbeiter haben anstatt einer 10.000?“ Die Vorteile des Standorts Deutschland kommentiert er mit Worten, wie man sie nur noch selten hört: „Diese Vorteile sind zum Beispiel fleißige und ausgebildete Mitarbeiter, die Zuverlässigkeit und größte Flexibilität bieten.“

Trigema produziert nur in Deutschland

Wolfgang Grupps Unternehmen Trigema wurde 1919 als „Trikotwarenfabrik Gebrüder Mayer“ in Burladingen auf der Schwäbischen Alb gegründet. 1969 übernahm er die mit zehn Millionen Mark verschuldete Gesellschaft in dritter Generation. Seine erste und nachhaltigste Entscheidung: Konzentration auf das Wesentliche. Sechs Jahre später war die Firma schuldenfrei. Bis heute dreht sich bei Trigema alles um T-Shirts, Sweatshirts und Tennisbekleidung. Produziert wird ausschließlich in Deutschland. 

Auf seine mangelnde Expansionslust angesprochen, erinnert der Unternehmer an das Schicksal von Trikotagenherstellern wie Jockey oder Schiesser. Grupp kennt den Journalisten-Kommentar, dem zufolge Schiesser zugrunde ging, weil man dort „aus der Unterhose mehr machen wollte, als sie ist“. Früher, so sagt er, war die höchste Unternehmertugend die Verantwortung für das Unternehmen und damit für die Mitarbeiter, heute fröne man dem Größenwahn. Von allem, was hip und modisch ist, läßt Grupp die Finger. Das erklärt einen Gutteil seines Erfolgs. Von ihm stammt auch der Satz: „Es ist ein Verbrechen gegenüber dem Heimatland, nicht in Deutschland zu produzieren. Unser Standort ist besser als sein Ruf.“ Oder: „Ich sehe das Wachstum nicht in der Quantität, sondern in der Innovation des Produkts.“ Damit sichert Trigema die Auslastung der Produktion – und auch, daß es seit über 30 Jahren weder Kurzarbeit noch betriebsbedingte Kündigungen gibt. 

Bei solch pointierten Äußerungen gibt es natürlich auch Kritik. Grupp, der seine Läden per Hubschrauber abklappert, hat bei den Medienvertretern kein leichtes Spiel. Soziale Verantwortung wird ihm noch zugestanden – schließlich garantiert Trigema dem Mitarbeiternachwuchs Lehr- und Arbeitsplätze nach dem Schulabschluß. Andererseits ist der Unternehmenschef als Patriarch und Jäger bekannt. 

Das schafft Distanz. Daß Trigema alle Rohstoffe im EU-Ausland kauft, nicht in Bangladesch oder Indien, wo Millionen Kinder für die Konkurrenz schuften, fällt da gern unter den Tisch. Alle paar Jahre bemängelt ein kluger Journalist das schwache Wachstum, die fehlende Expansion, die hohe Fertigungstiefe, die eigenartige Vertriebsstruktur, verweist auf die Erfolge der gerade angesagten Konkurrenz. Die ist, wenn der nächste solche Artikel erscheint, meist schon wieder weg vom Fenster. Die 1.200 Mitarbeiter des eingetragenen Kaufmanns Wolfgang Grupp stehen derweil weiter in Arbeit und Brot.

Trigema Inh. W. Grupp e. K.

 www.trigema.de