© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/17 / 07. April 2017

Eine Brücke zwischen Phantasie und Realität
Künstliche Intelligenz: Zur Erinnerung an den vor 25 Jahren verstorbenen Science-fiction-Autor Isaac Asimov
Wolfgang Kaufmann

Der gebürtige Russe und spätere US-Amerikaner Isaac Asimov gehörte neben Arthur C. Clarke und Robert A. Heinlein zu den „Großen Drei“ der englischsprachigen Science-fiction-Literatur. Zugleich war er einer der produktivsten Autoren dieses Genres und verfaßte nicht weniger als 1.600 Essays sowie 500 Bücher  – neben Romanen und Anthologien von Kurzgeschichten auch Sachwerke über Biologie, Astronomie und Wissenschaftsgeschichte. Asimov starb am 6. April 1992, also vor 25 Jahren, an den Folgen einer HIV-Infektion durch verseuchte Blutkonserven.

Der Schriftsteller entstammte einer jüdischen Familie und wurde am 2. Januar 1920 in Petrowitschi bei Smolensk als Isaak Judah Ozimow geboren. Als er drei Jahre alt war, verließ seine Familie die kurz zuvor gegründete Sowjetunion und lebte seitdem im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Dort brachte sich der nunmehrige Asimov frühzeitig selbst das Lesen bei und verschlang dann die Geschichten im Science-fiction-Magazin Amazing Stories.

Später machte das hochbegabte Immigrantenkind eine recht zügige Karriere in der Wissenschaft; den Gipfel erklomm Asimov 1955 mit der Berufung zum Associate Professor für Biochemie an der Universität Boston. Allerdings gab er diese sichere Stellung dann schon 1958 wieder auf, um das Schreiben zu seinem Hauptberuf zu machen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Asimov bereits zahllose Erzählungen veröffentlicht – beginnend mit „Marooned Off Vesta“ („Havarie vor Vesta“; erschienen 1939 in der Märzausgabe von Amazing Stories). Dazu kamen einige vom Publikum gefeierte Romane, wie die drei Teile des „Foundation-Zyklus“, in denen er – ganz offensichtlich inspiriert von Edward Gibbons Klassiker „Verfall und Untergang des Römischen Imperiums“ – den sukzessiven Niedergang einer galaktischen Super-Zivilisation beschrieb.

Nach ihm wurde ein Asteroid benannt

Gleichermaßen bekannt wurde der Autor auch durch seine Robotergeschichten, die ein völlig neues Kapitel der Science-fiction-Literatur eröffneten. Die erste dieser Erzählungen mit dem Titel „Robbie“ veröffentlichte Asimov bereits 1940. Darin löste er sich von der bisherigen Sichtweise auf Roboter, welche quasi dem Frankenstein-Schema folgte: Menschen erschufen eine Maschine nach eigenem Vorbild, wonach diese dann ihre Schöpfer vernichtete.

Für Asimov stand es hingegen außerhalb jeder Diskussion, die Träger der künstlichen Intelligenz als grundsätzliche Bedrohung hinzustellen. Um das Publikum hier auf seine Seite zu ziehen, postulierte er die „Drei Gesetze der Robotik“, welche nachfolgend von vielen anderen Schriftstellern aufgegriffen wurden: Ein Roboter darf den Menschen keinesfalls Schaden zufügen wollen, muß deren Befehlen ohne Wenn und Aber folgen und ansonsten auch die eigene Existenz sichern, sofern er damit nicht gegen das erste oder zweite Gesetz verstößt.

Die Problemstellungen, welche sich aus diesem Verhaltenskodex ergeben können, handelte Asimov bis 1985 in immer neuen Variationen ab. Dabei erlangten vor allem die Erzählungen in dem Band „Ich, der Robot“ von 1950 weltweite Bekanntheit – und dienten dann später auch als Vorbild für den Kinofilm „I, Robot“ von 2004 mit Will Smith in der Hauptrolle.

Ansonsten befaßte sich Asimov auch sehr oft mit Gesellschaften in prekärer Lage. Bestes Beispiel hierfür ist neben der zwischen 1951 und 1953 entstandenen Foundation-Trilogie der Roman „Nightfall“ (deutsch: „Einbruch der Nacht“), welcher auf einer Kurzgeschichte basiert, die 1941 im Magazin Astounding Science Fiction erschienen war. Hier wird beschrieben, wie während einer Sonnenfinsternis auf dem Planeten Kalgash jedwede Zivilisation zusammenbricht und im nachfolgenden Chaos aus marodierenden Banden sowie neu entstandenen Ministaaten die totalitäre Theokratie der „Apostel des Feuers“ erwächst.

Dieses Werk von Asimov kürten die Mitglieder des Verbandes Science fiction and Fantasy Writers of America 1968 zur besten Geschichte des gesamten Genres der letzten Jahrzehnte. Darüber hinaus erhielt der Autor noch rund zwei Dutzend weitere Auszeichnungen von seiten der Fachwelt; so wurden unter anderem ein Marskrater und ein Asteroid nach ihm benannt. Und seine Leserschaft verehrte Asimov, der in einer sehr klaren und allgemeinverständlichen Sprache schrieb, als den „Guten Doktor“.

An dieser Beliebtheit änderte selbst die ausgeprägte Kauzigkeit des Schriftstellers nichts, der fast alle Formen des Reisens haßte, weder Nadeln noch Blut sehen konnte, niemals Radfahren und Schwimmen lernte und am liebsten in fensterlosen Räumen arbeitete. Andererseits war Asimov aber keinesfalls weltfremd oder gar menschenscheu und wirkte zum Beispiel 1979 als wissenschaftlicher Berater bei „Star Trek: Der Film“ mit. Dazu kam ab 1985 die Präsidentschaft über die American Humanist Association.

Er war ein moderner Universalgelehrter

Viele der Geschichten und Romane Asimovs bauen inhaltlich aufeinander auf, wobei freilich erhebliche chronologische Unordnung herrscht. Diese versuchte er dann aber in der Spätphase seines Schaffens durch entsprechend konzipierte Publikationen zu beseitigen, um so eine konsistente und lückenlose fiktive Geschichte der Menschheit zu hinterlassen, die 1982 mit der Gründung der „U.S. Robots and Mechanical Men, Inc.“ (Thema von „I, Robot“) begann und erst Zehntausende von Jahren später in der Zukunft endete. Das gelang ihm allerdings nicht mehr vollständig, was ganz maßgeblich an der HIV-Infektion lag, die er sich 1983 während einer dreifachen Bypass-Operation zugezogen hatte. Deshalb blieb sein Œuvre in manchem doch recht unübersichtlich.

Andererseits liegt Asimovs Bedeutung für die Science-fiction-Literatur eben gerade in der stupenden Vielseitigkeit und Masse des Geschriebenen. Dazu kommt dessen ungewöhnlich gute wissenschaftliche Fundierung – somit war der promovierte Biochemiker auch eine Art moderner Universalgelehrter, der mit seinen Geschichten der Laienleserschar einiges an Bildung vermittelte. Gleichzeitig inspirierte Asimov jedoch die Forscher, welche sich mit der Problematik der künstlichen Intelligenz befaßten. Damit schlug er eine Brücke zwischen Phantasie und Realität, was man beileibe nicht von jedem Science-fiction-Autor sagen kann.





Asimov und die Gesetze der Robotik

1. Ein Roboter darf einem Menschen weder Schaden zufügen noch durch Untätigkeit zulassen, daß ein Mensch zu Schaden kommt.

2. Ein Roboter muß den Befehlen der Menschen gehorchen, außer solchen Befehlen, die ihn in Konflikt mit dem ersten Gesetz bringen.

3. Ein Roboter muß seine Existenz verteidigen, solange er dabei nicht in Konflikt mit dem ersten und zweiten Gesetz gerät.